FAQ

Wie kann ich euch kontaktieren?

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Wer seid ihr und warum habt ihr euch jetzt gegründet?

Das Bündnis gegen Rechtsabbiegen ist ein überregional organisiertes Netzwerk und versteht sich als Teil der ausserparlamentarischen Linken. Gegründet haben wir uns bereits vor einigen Monaten, um Antworten auf den Rechtsrutsch in der aktuellen pandemischen Lage zu diskutieren und einer emanzipatorischen Kritik am aktuellen Umgang mit der Gesundheitslage Raum zu geben.

Dass wir jetzt öffentlich in Erscheinung treten, hängt hauptsächlich damit zusammen, dass mit den Protesten gegen die staatlichen Corona-Massnahmen ein nationalistisches, wissenschaftsfeindliches und politisch sehr beängstigendes Klima massiven Aufschwung erlebt. Der in der Bewegung der Massnahmengegner:innen offen propagierte Antisemitismus, die Parallelen zum Nationalsozialismus in der verwendeten Symbolik und Rhetorik sowie die Verdrehung und Verharmlosung historischer Gräueltaten sind alarmierend. In einem Klima wo wieder Fackelumzüge durchgeführt werden, Schlägertrupps in den Städten auftauchen, vermeintliche Antifaschist:innen als Feindbilder gelten und mit An- und Übergriffen zu rechnen haben, ist es wichtig, klar und deutlich dagegen Position zu beziehen.

Wie ist eure Position zum Zertifikat?

Auch wir finden eine Kritik an der Verschärfung staatlicher Kontrollmechanismen und dem Ausbau des Überwachungsstaates wichtig und richtig. Herrschaftssysteme tendieren immer dazu, Krisensituationen zur Erweiterung ihrer Kontrollbereiche zu nutzen. Die Corona-Pandemie ist dabei keine Ausnahme. Bereits vor Ausbruch der Pandemie waren autoritäre Entwicklungen und besorgniserregende Verschärfungen der Überwachung zu beobachten. Als Stichworte können etwa das neue PMT-Gesetz, oder die stetige Militarisierung der europäischen Aussengrenzen genannt werden.

Klar ist aber auch, dass es aktuell gewisse Schutzmassnahmen braucht, um ein Sozialleben zu ermöglichen, welches möglichst wenige Menschenleben gefährdet und welches die Arbeiter:innen im Gesundheitswesen nicht noch weiter überlastet. Schutzmassnahmen sind auch sinnvoll, um soweit wie möglich zu verhindern, dass weitere Lockdown-Massnahmen nötig werden. Denn ein Lockdown hat weit dramatischere Folgen für ohnehin bereits marginalisierte Bevölkerungsgruppen, wie Menschen ohne festen Wohnsitz oder Aufenthaltsstatus, Betroffene häuslicher Gewalt oder Personen in Geflüchtetenunterkünften, Pflegeeinrichtungen und Gefängnissen.

Ob das Zertifikat dabei jedoch die beste Lösung ist, bezweifeln wir. Statt Selbstverantwortung, dem Ausbau des öffentlichen Gesundheitswesen oder Bildung zum Umgang mit Pandemien zu fördern, führte der Staat Kontroll-Strukturen ein.

Das Zertifikat als Anreiz zu benutzen, damit die Menschen sich Impfen lassen und damit das Prinzip von Belohnung und Bestrafung zu verfolgen, finden wir problematisch. Auch gleichzeitig mit der Einführung des Zertifikats sämtliche Tests kostenpflichtig zu machen, ist in unseren Augen Schwachsinn. Menschen mit weniger Geld sind stärker gezwungen, sich gegen ihren Willen impfen zu lassen, während reiche Leute sich die Entscheidungsfreiheit leisten können. Gesundheit darf keine Frage von finanziellen Mitteln sein!

Ausserdem ist in vielen Situationen die Zertifikatskontrolle nicht die geeignete Lösung. Stattdessen gäbe es beispielsweise die Möglichkeit, dass alle Personen vor dem Einlass zu einer Veranstaltung einen Schnelltest durchführen und die Kosten dafür kollektiv getragen werden. Diese Option ist fair und sogar effektiver, angesichts der Tatsache, dass sich vermehrt auch doppelt geimpfte Personen mit dem Corona-Virus anstecken. Im Allgemeinen wurden von Seiten des Staates zu wenige verschiedene Schutzkonzepte vorgeschlagen und die Menschen zu wenig miteinbezogen im Diskurs über Pandemiekonformität.

Warum dauerte es so lange, bis linke Reaktionen auf die Massnahmenkritische Bewegung / die Pandemie in den Diskurs eingeflossen sind?

Wir können keine einheitliche Position für eine so vielschichtige und diverse Bewegung beziehen und können nur für Beteiligte dieses Bündnisses sprechen.

Der Grossteil der Linken hat es versäumt, rechtzeitig und öffentlichkeitswirksam eigene Positionen und Analysen zu der Corona-Pandemie zu kommunizieren. Die Gründe dafür sind vielfältig: Wie der Rest der Gesellschaft, waren wir mit der Situation überfordert. Klassische Formen politischen Protestes, wie Demonstrationen oder Direkte Aktionen, wurden grossteils verunmöglicht und wir haben es verpasst, rechtzeitig Alternativen zu finden. Zudem wurden auch wir nicht von der Krise verschont und hatten, wie alle Anderen, mit Existenzängsten, Kurzarbeit oder der sozialen Isolation zu kämpfen. Soweit dennoch Energie für politischen Aktivismus vorhanden war, floss diese meist in Projekte gegenseitiger Hilfe, wie etwa Nachbarschaftshilfen oder in die Care-Arbeit. Und ein weiterer Punkt kann daran liegen, dass die Meinungen auch innerhalb der ausserparlamentarischen Linken nicht immer eindeutig sind. Die Masse an unterschiedlichsten Informationen machte es schwierig, eigene Standpunkte zu erarbeiten und führt nach wie vor zu kontroversen Diskussionen. Das ist zwar wünschenswert, aber macht es schwer mit einer klaren und geeinten Position an die Öffentlichkeit zu treten.

Nichtsdestrotz gab es durchaus linke Kritik und Positionen zur aktuellen Krise. Die Texte des Zämmeschluss aus Zürich (https://wirtrageneurekrisenicht.wordpress.com/) etwa, welche auch auf dieser Website einsehbar sind. Auch mit dem Forderungskatalog von “Zero Covid” (https://zero-covid.org/) wurde versucht, alternative Lösungsansätze zur Krisenbewältigung publik zu machen. Weitere Projekte und Aktionen sind auch die Aktion “Ein Zuhause für Alle” (https://zuhause.zureich.rip/) aus Zürich, das Corona Solifon (https://coronasoli.ch/), die “Stopp Isolation” Kampagne des Migrant Solidarity Network (https://migrant-solidarity-network.ch/en/), die Organisierung von Menschen im Gesundheitswesen (https://careworkunite.ch/) oder der Care-Streik des feministischen Streikkollektivs vom 12. Juni 2021, sowie diverse unabhängig organisierte Essensausgaben.

Wie steht ihr zu der “Freien Linken”? / Was sagt ihr zu den Linken, die sich dieser Bewegung angeschlossen haben?

Mit der selbsternannten “Freien Linken” haben wir nichts zu tun. Erstens haben wir eine andere Analyse dessen, was “links sein” bedeutet. Zweitens haben wir ein anderes Verständnis des Freiheits-Begriffes. Und drittens gibt es für die Menschen aus dem Bündnis gegen Rechtsabbiegen ganz klare rote Linien: Wir werden zum Beispiel nie und unter keinen Umständen gemeinsam mit Nazis demonstrieren oder an Fackelmärschen teilnehmen. Antifaschismus ist für uns ein essentieller Bestandteil linker Politik. Linke Werte beinhalten unter anderem, für eine gerechte Gesellschaft und gegen die Ausbeutung von Mensch und Natur, die aufgrund von Kapitalinteressen oder zur Sicherung von Machtstrukturen vorangetrieben wird, zu kämpfen. Eine gerechte Gesellschaft orientiert sich an den Menschen, die am verwundbarsten sind. In Bezug auf die Pandemie sind das aus unserer Perspektive aber nicht die Menschen, die sich aus Trotz nicht impfen lassen wollen, sondern die Menschen, die aufgrund körperlicher Umstände oder ihrer Lebenssituation besonders gefährdet sind oder disproportional unter der Situation zu leiden haben.

Wenn in der jetzigen Situation Vergleiche zum Naziregime und dem Holocaust fallen, verharmlosen Menschen aktiv den Horror unserer Geschichte. In der heutigen Corona-Pandemie  reden wird darüber, ob wir uns und unsere Mitmenschen durch eine geniale medizinwissenschaftliche Errungenschaft schützen wollen oder nicht. Diejenigen, welche sich dagegen entscheiden, müssen sich testen lassen, um ein Zertifikat zu bekommen, wenn sie ein solches möchten. Für diese Position entscheiden sie sich selber. Es ist also eine selbstgewählte Marginalisierung, wenn auch die Stigmatisierung und der Druck vonseiten des Staates kritisch zu betrachten ist. Im Naziregime wurden Millionen von Menschen aufgrund einer ethnischen, religiösen, politischen oder körperlich bedingten Zuschrereibungen und Bedingungen deportiert, eingesperrt und hingerichtet. Das war akribisch genau geplanter Massenmord. Diese Verbrechen an der Menschheit sind in keinster Weise mit den heutigen Corona-Massnahmen in Europa vergleichbar. Wer sich nicht klar von solchen unangebrachten, antisemitischen und holocaustverharmlosenden Ideen distanziert, hat in unseren Augen nichts mit linker Politik zu tun.

Die “Freie Linke” verwendet zwar Parolen linker Bewegungen wie “Kein Mensch ist illegal”, “My Body, My Choice” oder “Bildung für Alle”. Gemeint sind dabei aber nicht tatsächlich diskriminierte und unterprivilegierte Minderheiten, sondern sie bezeichnen sich selber als die diskriminierte Minderheit, ohne die eigenen Privilegien zu hinterfragen. Dieses individualistische und egozentrierte Weltbild deckt sich auch mit der Beobachtung, dass im losen Zusammenschluss der “Freien Linken” diverse Personen anzutreffen sind, welche eher dem anarcho-kapitalistischen Spektrum zugeordnet werden können. Diese Menschen mögen zwar antiautoritär sein, links ist diese politische Philosophie aus unseren Augen jedoch nicht.

Aber es sind doch nicht alle Teilnehmende dieser Proteste Nazis?

Auch wenn die Protestierenden eine sehr heterogene Gruppierung und klar nicht alles Nazis sind, gilt es doch die Massnahmenproteste als Ganzes zu betrachten. Selbst wenn einzelne Teilnehmende sich mit guten Intentionen beteiligen sollten, so ist doch unbestreitbar, dass die grosse Mehrheit der massgeblichen Exponent:innen dem bürgerlichen, mit einer Offenheit zum rechten, politischen Spektrum zugeordnet werden können (entweder SVP-Umfeld oder noch weiter rechts). Auch wimmelt es in den verbreiteten Inhalten in Reden, Twitter- und Telegramdiskursen, Social-Media Accounts, sowie auf digitalen und physischen Flyern nur so von antisemitischen Stereotypisierungen, Verschwörungsvorstellungen und Anlehnungen an nationalsozialistische Symbolik. Diese werden oft unwidersprochen geäussert und wer sich an den Protesten beteiligt, trägt diese zumindest stillschweigend mit. Die ganze Bewegung hat starke Bezüge und Ähnlichkeiten zu den Protesten gegen die Corona-Massnahmen in den USA und die MAGA-Bewegung (Make America Great Again) seit der Abwahl Donald Trumps. Somit reiht sie sich in einen weltweiten Trend in Richtung einer autoritäreren rechtspopulistischen Gesellschaft ein.

Weshalb dies eine gefährliche Entwicklung ist, welche uns alle beschäftigen sollte, kann HIER ausführlicher nachgelesen werden.

Was ist eure Position zur Abstimmung am 28. November?

Wie bereits erwähnt, sehen wir uns als ausserparlamentarischer Zusammenschluss, dessen Ziel es ist, gegen die faschistischen Tendenzen der aktuellen Proteste gegen die Corona-Massnahmen anzukämpfen und eine tatsächliche antikapitalistische und emanzipatorische Kritik am Umgang mit der Pandemie entgegen zu halten. Eine detaillierte Abwägung der Vor- und Nachteile einzelner Punkte des aktuellen Massnahmenpakets hingegen ist weder Teil unserer Inhalte, noch der Schlüssel zu einer gerechteren Gesellschaft.