Wir wissen mittlerweile von Basel, Winterthur und Luzern, dass auch organisierte Neonazis bspw. der Jungen Tat als “Sicherheitsdienst“ an den Demos der nationalistischen Covid-19 Massnahmegner*innen eingesetzt werden. Verschiedene rechtsextreme Gruppen wie z.B. die PNOS treten offen auf, halten Transparente und verteilen Flyer. Schon lange aktive und gut vernetzte Rechtsextreme wie z.B. Albert Knobel und Ignaz Bearth werden als Redner geladen. Seit Beginn sind diese Proteste von Gruppen und Personen mitorganisiert, die gut in der Schweizer und internationalen Neonazi-Szene vernetzt sind und seit über einem Jahr völlig unwidersprochen Teil der Bewegung. Die Bewegung der Corona-Massnahmen-Gegner:innen in den deutschsprachigen Gegenden wurde zum Nährboden für reaktionäre und extreme nationalistische Inhalte und Gruppierungen. Hier deshalb ein Überblick über die organisierte extreme Rechte in der Schweiz.
Diese Neonazi-Frau hat den Sicherheitsdienst der Massnahmengegner*innen aufgezogen
Wir veröffentlichen hier einen Beitrag mit Informationen zur Beteiligung von faschistischen Kräfte der Bewegung der Massnahmengegner*innen. Die Informationen stammen vom antifaschistischen Kollektiv MiliZH unter dem Twitter-Account https://twitter.com/informantifa
Sandra Pesch-Ebert, die Frau von Jarno Ebert, dem bekannten Deutschen Neonazi mit Niederlassung im Kt. Luzern gleist seit dem Sommer ’21 einen Sicherheits dienst der Massnahmengegner*innen auf. Dieser soll die nationalistischen Demonstrationen vor „der Antifa“ schützen. Die neue Männergruppe „WG“, welche aus dieser Überlegung heraus entstand, wurde anfangs u.a. von ihr koordiniert.
Die nationalistischen Demonstrationen der Massnahmengegner*innen und ihre Nähe zu rechtem Gedankengut sind uns schon lange klar. Abgestritten und verharmlost wird das von den Massnahmegegner*innen genau so lange, zum Teil auch mit Erfolg. Aus ihrer Szene kam früher empört die Behauptung, es gäbe gar keine Neonazis an ihren Mobilisierungen. Als klar wurde dass an den Demonstrationen regelmässig bekannte Neonazis auftauchten wurden andere Erklärungen gesucht. Diejenigen von ihnen die nichts mehr auf Optik oder Gesellschaftsfähigkeit geben behaupten jetzt, dass die Neonazis vom Staat oder den „Lügenmedien“ bezahlt werden, um an ihre Demos zu gehen um sie zu diskreditieren. Die, die noch Kontakt zur Realität oder eine PR-Ausbildung haben, sagen eher, dass die Neonazis aus eigenem Willen, aber unverbunden mit dem grösseren Bürgerprotest, einfach auftauchen würden. Danach folgt meistens das Argument, es wäre ja nicht möglich, das auftauchen von Neonazis zu verhindern, denn man sei ja gegen Gewalt, und ausserdem für die freie Meinungsäusserung.
Beide Ausreden haben keinen Realitätsbezug.
Unter dem Pseudonym „Muh Muh Enemenemuh“ mischt Sandra Pesch-Ebert seit mehr als einem Jahr in einschlägigen Verschwörungstheorie- und Impfgegner*innen-Chats gegen die Corona-Massnahmen mit. Sie ist schon am 2. Januar 2021 auf dem Bundesplatz anwesend, an der ersten unbewilligten Samstagsdemonstration, zu der die DNFDP („Die Neue Fick-Dich Partei“) aufgerufen hatte. Ende März fängt sie an, Zusammenstellungen der anstehenden Demo-Termine zu machen, und gründet den Kanal “Demos/Manifs/Protesta/CH” der mittlerweile über 4000 Follower*innen hat. In diesem wird seither zu bewilligten und unbewilligten Demonstrationen gegen alle Massnahmen aufgerufen.
Der Kanal professionalisiert sich schnell. Ende April sind die roten Terminzusammenstellungen mit Schweizerkreuz und allen wichtigen Terminen jede Woche aktualisiert im Kanal. So wird Sandra im Frühling schon zu einer wichtigen Figur der Protestbewegung, sie wird zum Beispiel gebeten anderen, kleineren Kanälen eine Plattform zu geben.
Auf die Abendspaziergänge, die jeden Montag seit April in Luzern stattfinden weist Sandra in ihrem Kanal besonders oft hin. Dort ist sie auch regelmässig – ab und zu auch mit Kinderwagen und in Begleitung ihres Ehemanns, Jarno Ebert.
Jarno Ebert, der 2012 in die Innerschweiz umsiedelte, war vorher eine bekannte Nazi-Szenegrösse in Freital (DE). Als Mitglied des MC Gremium, ein mittlerweile verbotener rechter Motorcycle-Club war er immer wieder in rassistische Attacken sowie in Prügeleien mit der Polizei involviert (1). 2005 war Ebert mutmasslich an einem Angriff auf eine Unterkunft für Migrant*innen in Freital beteiligt, bei welchem mehrere Menschen verletzt wurden (2). In Dresden betrieb er vor 2009 das Tattoo-Studio „Outrage“, welches als einschlägig bekannt war, danach musste er ins Gefängnis, woraufhin er sich warscheinlich zum Umzug in die Schweiz entschied.
Seit 2015 heisst sein persönliches Studio, welches er aus seinem neuen Zuhause in Römerswil LU betreibt, auch wieder „Outrage“. Bei seiner Lohnarbeit im Living Color Studio in Luzern tättowiert er weiterhin Motive wie z.B Schwarze Sonnen. Die T-Shirts seines alten MC, ein sogenannter 1% Motorradclub, trägt er immer noch. Ein Ruhestand oder sogar eine Distanzierung sind in keiner Weise vermutbar.
Sandra und Jarno lernen sich spätestens 2013 kennen, er tättowiert sie, unter anderem mit einem Totenkopf auf der Schulter, Löwen auf dem Schulterblatt sowie mit den Namen ihrer zwei Kampfhunde auf den Fingern, und erzählt dabei warscheinlich viel von seiner Geschichte in den Neonazi-Strukturen in Deutschland. Wie genau das ablief ist nicht mehr rekonstruierbar aber das Resultat ist klar: sie ist genau so überzeugt, und mittlerweile eine sichtbarere Aktivistin als er. So geht sie auch am 10. Juli alleine an die Schlachtfeier zu Sempach, welche der grösste Treffpunkt und wichtigste Termin der Schweizer Faschist*innen ist (3).
Die Anwesenheit an den Demonstrationen überlässt Jarno hauptsächlich Sandra. Er beschränkt sich darauf, in Luzern an Demonstrationen zu gehen, sicher an die grösseren Mobilisierungen am 12.Juni in Basel und am 11.September in Luzern.
Dort sind auch Freunde von ihm und Sandra: An beide Termine kommt die Junge Tat mit Andy Schnellmann der Kameradschaft Heimattreu, sowie ein altbekannter Luzerner Neonazi: Markus Aregger. Am 12.Juni sind ausserdem noch der Basler René Meister mit Begleitung (beide auch an der Schlachtfeier Sempach fotografiert) und Markus’ Bruder Peter Aregger dabei. Beide Brüder Aregger waren 2018 in Basel an der durch antifaschistischen Gegenprotest verhinderten PNOS-Demo anwesend. Ein grösserer Umschwung von einschlägigen Leuten begleitet sie dann am 11. September, unter anderem der Zürcher alt-GC-Schläger Marcel Hodel, und der Innerschweizer Handörgeler mit Neonazi-tattoos Adrian Zurkirchen, sowie mutmassliche Gäste aus Deutschland.
Warum sind an den beiden Demos auf einmal so viele organisierte Neonazis? Es war antifaschistischer Gegenprotest angekündigt, und Sandras Angebot war es mutmasslich, einen Demoschutz zu koordinieren, da sie gute Kontakte zu Menschen hat die sich gerne mit der Antifa prügeln. Das passiert am 12. Juni in Basel dann auch – eine Gruppe friedlicher Gegendemonstrant*innen mit einem Transpi werden tätlich angegriffen und verletzt(4). Auf Videos von diesem Samstag sieht man eine komplette Truppe zusammen laufen, in der Mitte der Demo.
Demoschutz koordiniert Sandra ab dem 12. Juni regelmässig, zum Beispiel in Kreuzlingen zwei Wochen später. Es stellt sich aber schnell heraus, dass bestehende Neonazi-Strukturen personell nicht gut genug aufgestellt sind, um diese nun wöchentliche Aufgabe zu übernehmen. Ausserdem ziehen bekannte, einschlägige Gesichter auch negative Medienaufmerksamkeit auf sich. Zum Glück für sie gibt es aber viele motivierte Männer an den Demos, die nur darauf warteten, organisiert zu werden. Zwei der ersten auf die sie trifft sind Martin „Von Altdorf“ Hofman aus AG und Marco Eisenlohr aus Wattwil SG, zwei gewaltmotivierte regelmässige Teilnehmer der Demonstrationen. Diese gründen im September die Männergruppe WG. Die soll die Trychler und die ganzen Demonstrationen schützen – vor der Polizei und vor der Antifa. Bei beiden passt auch das Gedankengut schon, Martin und Marco teilen in Telegram-Chats immer wieder rechte Inhalte. Marco ist sehr involviert in die Werbung für Demonstrationen und in den Aufbau neuer Chatgruppen. Er tut sich aber auch auf der Strasse hervor – unter anderem war er am 31.09 in angetrunkenem Zustand und in Luzern in eine Konfrontation mit einem Polizisten verwickelt – der Polizist musste daraufhin mit einer Platzwunde abtransportiert werden, Marco wurde verhaftet, woraufhin er selber von der Mehrheit der Massnahmengegner*innen als Antifa-Provokateur abgetan wurde. Dem war aber nicht so, er war zu dem Zeitpunkt theoretisch schon ein Kopf der Anti-Antifa-Schutztruppe.
Über den Herbst kommen immer mehr Männer dazu, wie der Zuger Christoph Felber, der sich im Internet „Big Al“ nennt, oder dem Haustechniker Daniel Bütler aus Muri.
Am 23. Oktober in Bern ist es schliesslich soweit: Die WG stellt sich auf, um die Funktionen zu übernehmen. Am Anfang bei der Vorbesprechung dabei: Sandra.
Die Schutzgruppe professionalisiert sich schnell. Aus einer 15-Personen Schlägertruppe, die im Pulk läuft wird eine Gruppe von etwa 40 Leuten, die mit Knöpfen im Ohr verbunden sind und die in Kleingruppen Spalier um die Trychler laufen. Die Junge Tat ist jetzt nicht mehr ein Hauptpfeiler des Sicherheitskonzepts, obwohl sie an dem Tag auch in Bern anwesend sind. Jetzt übernimmt die WG, auch „Swiss Men’s Club of Freedom 2021“. Diese besteht aus verschiedensten Männern, die sich im Lauf der Proteste rund um die Massnahmen kennengelernt haben. (Es ist unklar, wofür WG steht.)
In dieser “Swiss Men’s Club of Freedom 2021” WGruppe sind noch nicht ausschliesslich Neonazis. Jedes einzelne Mitglied ist aber reaktionär und nationalistisch – und sie alle kennen Sandra Pesch-Ebert ziemlich gut. Einige Mitglieder sind auch selbst sehr gut vernetzt in bestehen de rechtsradikale Umschwünge, und diese Figuren geben zunehmend den Ton an.
An einem Saufabend in der More Bar&Cigar Lounge in Bubikon ZH am 20.11.21 entsteht ein Gruppenfoto, auf dem die Truppe gut zu sehen ist. Simon Herman, der Thuner selbstbezeichnete „Peripetie- und Junge-Tat Nazi“, der schon lange auf eine rechte radikalisierung der Szene hofft, posiert dort ganz vorne und läuft mittlerweile auch in seiner Freizeit mit WG-Jacke um her. Zuvor war er lange alleine unterwegs, mit PNOS T-Shirts oder, wie er selbst sagt, im neu rechten Label Peripetie.
Hinter ihm der Basler Michael Karrer, dessen Nutzername „Migelski88“ sicher aufhorchen lässt (88 ist ein Code für Heil Hitler), und der an Demos wahlweise im Trychlerhemd, mit geflammter Schweizerflagge oder eben in WG-Merchandise auftaucht. Noch etwas weiter hinten der Neuenhofer Fabian Iten, mit Iro-Frisur. Dieser fällt an Demos durch seine extrem gewalt bereite Art, aber auch durch seine Anarchieflagge auf. Fabian behauptet, ein Linker zu sein, an geblich war er früher bei der Antifa. Das stimmt nicht, er war lediglich Teil einer Cybergoth-Subkultur und ging an Festivals. Er organisierte 2014 die Montagsdemos in Baden mit, die Teil der sogenannten „Friedensmahnwachen“ waren. Diese waren schon immer von reaktionären, antisemitischen und verschwörungstheoretischen Ideen geprägt. Er selbst ist extrem antisemitisch und glaubt auch an die Verschwörungstheorie, dass jüdische Menschen selbst den Holocaust verübt hätten.
Weiter links (nur im Bild, nicht in der Ideologie) steht der Zürcher Simon Widmer. Er gestaltete die Aufrufe zu unbewilligten Demos in Zürich vor der Abstimmung, auf denen immer das Bild eines Löwens zu sehen war. Der Helvetische Reichsbürger und Flacherdler ist auch Teil dieser Schutztruppe. Ganz vorne in der Mitte der Familienvater Remo Brauchli, neben Martin Hofman dem Mitgründer. Hinter ihnen steht der Zürcher Oberländner Patrick Ledergerber. Er arbeitet bei einem Zürcher Fintech-Unternehmen als Gruppenleiter, und ist fest bei der WG dabei. Ausserdem ist er der Administrator der Telegram Gruppe „Widerstand Zürich“, eine Untergruppe des von Marco Eisenlohr gegründeten Kanals “Kantonswiderstand”. In dieser Gruppe wird immer wieder zu Gewalt aufgerufen, es werden ungehemmt Verschwörungstheorien verbreitet.
Neben Patrick steht Marcel Hedinger, auch “Burschi” genannt. Der Garagist, der in Brunnadern im Neckertal wohnt, ging am 11. Dezember zusammen mit Ignaz Bearth auf seine kleine Reise an den Balaton See in Ungarn um sich mit internationalen Faschist*innen zu treffen und die WG-Truppe zu bewerben. Schon 2015 äusserte er sich abschätzig über Asylsuchende. Vor der WG-Gründung konnte man ihn auch an zahlreichen Demos der Massnahmengegner*innen antreffen, zum Beispiel in Luzern am 12. Juni Arm in Arm mit Yves Sandro Berger, der sich als Kandidat für die Schweizer Demokraten aufstellen liess.
Dieses Treffen am Balaton, an das auch Marcel Hedinger reiste ist ein von Ignaz Bearth organisiertes Meetup einer „Deutschsprachigen Gemeinschaft“ in Ungarn. Der Gründer des neurechten Kleiderlabels Peripetie ist eingeladen, sowie andere rechte B-Promis aus Deutschland und Österreich. Nach der Wahlschlappe am 28. November versuchen offenbar rechtsradikale Elemente der sog. Coronabewegung, sich international zu vernetzen, und an Erfolge wie in Wien oder Sachsen anzuknüpfen.
Ein Blick nach Österreich kann ein guter Vorgeschmack davon sein, was in der Schweiz auch passieren könnte: Offene Nationalsozialistische Gruppen wie dort “Wiener Widerstand” und “Die Österreicher” (Zwei Tarnorganisationen der Identitären) oder hier die “Junge Tat” (Eine Nachfolgeorganisation der Eisenjugend) laufen zuerst lange mit, und dann schliesslich, wie kürzlich in Wien geschehen, an der Spitze. Ganz so weit ist es in der Schweiz noch nicht gekommen – dass aber aktiv darauf hingearbeitet wird ist offensichtlich.
Nachtrag:
Nicht im Bild an diesem Tag, aber dafür auf der Strasse dabei sind ein paar andere, wie zum Beispiel der Aargauer Patrick Hurschler. Er war am Fackelmarsch in Bremgarten AG mit WG-Jacke dabei. Er besteht darauf, dass die Massnahmen mit dem Terror des Holocausts gleichzu setzen sind. Eine Aktion von Feminist*innen, die auf patriarchale Gewalt aufmerksam machen wollten kommentierte er mit den Worten “Antifa Gesindel” und mit der Ansicht, dass die Gewalt nur von “Afrikanern” ausginge, welche “bewusst auf Europa geholt wurden“.
Auch oft auf der Strasse dabei ist Janice Brüngger aus Solothurn, der auch diverse rechte Kanäle im Internet betreut, und sich besonders gut mit dem Peripetie-Nazi Simon Herman versteht.
Eine Diversität von verschiedenen Meinungen, wie die WG gegenüber der Aargauer Zeitung behauptet sucht man hier vergeblich – einzig eine Diversität innerhalb eines sehr rechten Spektrums ist erkennbar.
1:Jarno Ebert dreht frei im Freital
http://zope6.free.de/terminal/txt/280905
2:Jarno Eberts Lebenslauf:
https://twitter.com/antifa_bern/status/1404044869052608514
3: Dokumentation Schlachtfeier Sempach
https://habsburgerantifa.noblogs.org/, Erklärung Bedeutung Schlachtfeier https://www.antifa.ch/medienmitteilung-der-antifa-bern-zur-rechtsradikalen-gedenkfeier-zur-schlacht-bei-sempach-organisiert-von-der-nationalen-aktionsfront-naf/
4:Angriff in Luzern
https://www.zentralplus.ch/gegen-demonstranten-haben-angst-strafanzeige-zu-erstatten-2116619/
Die extreme Rechte in der Schweiz
Aus: ANTIFAREVUE #2, 2021, Bern
Was bisher geschah: Der Rückblick zeichnet – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – die Geschichte der extremen Rechten in der Schweiz seit den 1980er Jahren nach.
Vereinzelt tauchten Naziskins bereits in den 1980er Jahren in diversen Schweizer Städten auf – oft als Schlägertrupps. Von 1987 bis 1991 erleb- te das Land einen «kleinen Frontenfrühling». Neonazistische Organisationen wie die Patriotische Front suchten die Öffentlichkeit. Im August 1989 fand in Luzern die erste öffentliche Kundgebung von Rechtsextremen nach dem Zweiten Weltkrieg statt. Die rechte Szene war damals auch verantwortlich für eine ganze Reihe von Übergriffen und Anschlägen mit insgesamt sieben Todesopfern. Der «kleine Frontenfrühling» brach 1991 zusammen. Fortan waren es lokale Naziskin-Cliquen, welche die extreme Rechte prägten. Eine Organisation meldete ab 1994 ihren Führungsanspruch an: die Schweizer Hammerskins (SHS). Zwei schlagzeilenträchtige Ereignisse des Herbstes 1995 gingen auf ihr Konto: die Randale am Rande einer von Christoph Blocher angeführten Demonstration in Zürich und der Überfall auf das «Festival der Völkerfreundschaft» in Hochdorf LU – eine Gewaltaktion, die sie aber vorübergehend empfindlich schwächen sollte: Die Polizei verhaftete in der Folge über 60 Naziskins.
NEUER SCHUB 1996/1997 konnte sich die extreme Rechte stark ausbreiten. Die Anzahl der Rechstextremen wuchs sprunghaft auf gegen 500 an. Es kam zu zahlreichen Neugründungen, etwa die Nationale Initiative Schweiz (NIS) in Zürich oder die Nationale Offensive (NO) im Umland von Bern. Erste Internet-Auftritte, diverse Zeitschriften, mehrere Versände, aber auch ein «Nationales Info-Telefon» waren Beleg für die gefestigten Strukturen.
Ab 1997/1998 etablierte sich eine Schweizer Sektion des internationalen Neonazi-Netzwerks Blood & Honour (B & H). Gleichzeitig mutierte die Schweiz zum Konzertparadies für Rechtsrocker*innen. Rechtsrock und das dazugehörige subkulturelle Milieu waren Nährboden für die wachsende Szene.
«DIE SCHANDE VOM RÜTLI» Die Auftritte in der Öffentlichkeit häuften sich und waren Indiz für das erstarkte Selbstbewusstsein der Neonazis. Am 1. August 2000 störten Neonazis die Rede des damaligen Bundesrates Villiger auf dem Rütli. Es folgte ein grosses Medienecho. Die neue Vitalität der rechten Szene manifestierte sich auch in einem frappanten Anstieg an Gewalttaten. Zwei Beispiele: Drei Naziskins feuerten Mitte Juli 2000 über hundert Schüsse auf das linke Wohnprojekt «Solterpolter» in Bern ab. Ende Januar 2001 ermordeten vier Mitglieder des rechtsextremen Orden der arischen Ritter in Interlaken ihren 19-jährigen ehemaligen Kameraden Marcel von Allmen.
Zugleich entdeckten die Neonazis die klassische Polit-Arbeit: Im September 2000 wurde die Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) gegründet, die sich rasch in den Vordergrund schob und trotz hoher Kaderfluktuation eine der konstantesten Organisation der extremen Rechten war und bis heute ist. Als deutlich kurzlebiger erwies sich die Nationale Ausserparlamentarische Opposition (NAPO; 2003–2005) des Holocaust-Leugners Bernhard Schaub.
SO STARK WIE NIE Es folgten fette Jahre für die Schweizer Neonaziszene. Nicht nur stieg die Zahl der behördlich registrierten Exponent*innen auf rund 1200 an – ein Höchststand. Die extreme Rechte konnte auch einige Mobilisierungserfolge verbuchen: Das «Sommerfest» der Hammerskins 2002 in Affoltern am Albis ZH etwa lockte rund 1200 Neonazis aus ganz Europa an. Zudem gelang es Rechtsextremist*innen, patriotische Feiern für sich zu vereinnahmen. Am 1. August 2005 standen nicht weniger als 800 Anhänger*innen rechtsextremer Organisationen auf dem Rütli. In Sempach LU reihten sich die Rechtsextremen regelmässig – und von den Behörden unbehelligt – in den offiziellen Umzug der Schlachtgedenkfeier ein.
Bei lokalen Wahlen schaffte die PNOS die Überraschung und zog 2004 mit Tobias Hirschi ins Langenthaler Stadtparlament ein, im April 2005 wurde Dominic Bannholzer in den Gemeinderat von Günsberg SO gewählt. Fast gleichzeitig etablierte sich im Umfeld der PNOS die Kameradschaft Helvetische Jugend (HJ). Die HJ, in den Kantonen Bern und Luzern beheimatet, sorgte mit militanten Aktionen für Schlagzeilen: Im Oktober 2004 attackierten HJ-Aktivist*innen eine Antirassismus-Demo in Willisau LU. Im Berner Oberland formierten sich um das PNOS- Kadermitglied Mario Friso mehrere Kleinstorganisationen, wie der Bund Oberland, der Nationale Beobachter oder die Freien Kräfte, die grossen Aktionismus versprühten und mit Holywar-Rec einen eigenen Versandhandel betrieben.
Regionale Schwerpunkte der unorganisierten Neonaziszene waren die kleineren Städte. In Thun, Burgdorf, Langenthal oder Frauenfeld waren sie für schwere Gewalttaten gegen Andersdenkende verantwortlich. 2003 schlugen sechs Rechtsextreme zwei Jugendliche in Frauenfeld TG so brutal zusammen, dass einer seither geistig und körperlich beeinträchtigt ist. In Thun schoss Thomas Rohrer mit einer Pistole in eine Gruppe Antifaschist*innen und verletzte eine Person schwer.
Auch die lebendige Rechtsrock-Subkultur, die sich ab 2001 in der Schweiz bildete, legte Zeugnis ab von der Stärke und Breite der extre- men Rechten. Bands wie Dissens, Indiziert, Vargr I Veum und Amok – um nur einige der bekanntesten zu nennen – traten regelmässig an einschlä- gigen Konzerten im In- und Ausland auf und veröffentlichten mehrere Tonträger.
DEN ZENIT ÜBERSCHRITTEN Seit ungefähr 2009 konnte die extreme Rechte nicht weiter zulegen. Die PNOS, nach wie vor Takt-geberin der Szene, war stark mit sich selbst beschäftigt: Gerichtsprozesse, Rücktritte und Knatsch in den eigenen Reihen setzten der Partei zu. Zwar verteidigte die PNOS 2008 ihren Sitz im Langenthaler Stadtrat, konnte aber bei Aufmärschen und Feiern deutlich weniger Teilnehmende mobilisieren. Auch um die beiden, teils miteinander konkurrierenden, internationalen Netzwerke Hammerskins und Blood & Honour ist es stiller geworden.
Neue Impulse kamen insbesondere aus der Westschweiz: 2005 gründeten sich die Jeunes Identitaires Genevois, ein Ableger der fran- zösischen Identitaires-Bewegung, aus der 2013 die Génération Identiaire Genève entstand. 2010 trat die Gruppe Genève Non Conforme, zu deren Vorbildern insbesondere die faschistische italienische Organisation Casa Pound zählte und ab 2012 die Artam Brotherhood, eine von Bikerclubs inspirierte Kampftruppe, vermehrt in der Öffentlichkeit auf.
Während die Westschweizer Szene durch neue ideologische und aktionistische Impulse vitalisiert wurde, konnten die Deutschschweizer Neonazis nicht an deren Mobilisierungserfolge anknüpfen. Die Behörden versuchten Neonazis von den offiziellen Schlachtgedenkfeiern fernzuhalten: Die Rütlifeier wird seit 2007 mit einem Ticketsystem abgeschirmt, in Sempach werden Neonazis seit 2009 von den Feierlichkeiten ausgeschlossen. Fortan führten die Rechtsextremen fern der Öffentlichkeit ihre eigenen Feiern durch. Dadurch verloren die Neonazis wichtige, öffentliche Auftrittsmöglichkeiten und sie wurden weniger sichtbar.
KONZERTPARADIES SCHWEIZ Die Schweiz ist seit den 1990er Jahren als Konzertparadies bei Neonazis beliebt. Gerade für B&H und die SHS eignete sich die rechtliche und die zentrale geografische Lage der Schweiz für ihre internationalen Konzerte. So war 2012 das internationale «Hammerfest» in der Schweiz geplant. 2013 fand erneut ein «ISD-Memorial» statt, 2015 das «Rock fürs Vaterland» und 2016 organisierte die SHS ein Konzert in Villarimboud FR, um nur einige der zahlreichen Konzerte zu nennen.
Höhepunkt dieser Entwicklung war das «Rocktoberfest», das im Oktober 2016 mit über 5000 Neonazis aus ganz Europa in Unterwasser SG stattfand – organisiert durch international bestens vernetzte B&H- Strukturen. Dem medialen Aufschrei folgte eine härtere Gangart der Behörden gegenüber den Organisator*innen von Rechtsrockkonzerten, welche die Räumlichkeiten meist unter einem falschen Vorwand angemietet hatten. Dadurch wurde es für die Akteur*innen schwieriger, (Gross-)Events durchzuführen. Das Unterstützungskonzert für das Parteihaus der PNOS im Januar 2017 beispielsweise wurde durch einen Polizeieinsatz begleitet.
VERPASSTE CHANCE Den 2015 markant angestiegene Migrationsstrom nach Europa konnte die extreme Rechte in der Schweiz nicht für ihre Agitation vereinnahmen. Dies trotz der vertieften rassistischen Ressentiments und einer Polarisierung in der Bevölkerung. Zwar konnte die PNOS ihren Aktivismus kurzzeitig erhöhen und neue Sektionen eröffnen, so z.B. in der Ostschweiz, schaffte es aber nicht, sich ausserhalb ihrer Stammregion, dem Oberaargau, zu verankern. Die neuen Sektionen beschränkten ihre Aktivitäten meist auf Blogbeiträge und vereinzelte Stammtische. Auch Versuche der PNOS, durch Kampfsportseminare mit dem Russen Denis «Nikitin» Kapustin in der rechten Kampfsportszene Fuss zu fassen, scheiterten. Bei den nationalen Wahlen 2015 und 2019 war die PNOS weit davon entfernt, politische Ämter zu bekleiden.
Neben der PNOS versuchte sich die Direktdemokratische Partei (DPS) um Ignaz Bearth Holdener mit dem Thema Migration zu profilieren. Diese scheiterte aber genauso wie die kleine Gruppe mit Bearth Holdener und Tobias Steiger, die nach dem Vorbild der rassistischen Massenmobilisierungen in Deutschland als PEGIDA Schweiz auftrat.
Auch andere rechte Kleinstparteien versanken in der Bedeutungslosigkeit. Die Schweizer Demokraten (SD) sind seit 2007, das Mouvement Citoyen Genevois (MCG) seit 2019 nicht mehr in der Legislative vertreten. Viele ihrer Exponent*innen sind mittlerweile bei der SVP tätig – so beispielsweise das ehemalige PNOS-Mitglied Thomas Schori. Hier sind die Karrierechancen besser und inhaltlich bestehen wenig Differenzen.
«WAHRE KÄMPFER*INNEN» UND KAMERAD*INNEN? Das Ausüben von Kampf- und Kraftsport wird in der Naziszene immer beliebter. Seit 2010 hat sich in der Schweiz eine kleine Szene formiert, die in eigenen Gyms, an eigenen Events und mit rechten Labels die Ideologie eines gesunden und wehrhaften Körpers vermarktet. Hier schliessen Neonazis an einen gesellschaftlichen Trend zu bewusster Ernährung und Sport an. Gerade junge Männer fühlen sich davon angezogen und können rekrutiert werden. In Genf wurde seit 2017 dreimal das rechte Kampfsportevent «Cabochard Contest» ausgetragen und im Juni 2020 war in der Deutschschweiz eine grosse Fightnight des Labels «Pride France» angekündigt, welche pandemiebedingt verschoben wurde.
Schweizer Neonazis kämpfen aber auch an regulären Events – so z. B. Nick Betschart am «International Swiss Open» 2018 in Basel. Oder der Basler Roman Portner, der nicht nur an offiziellen Fightnights, sondern auch am grössten Kampfsportevent der Neonaziszene, dem «Kampf der Nibelungen», im Ring stand. Die rechte Kampfsportszene ist international vernetzt und verfügt über eine grosse Ausstrahlung. Auch die jüngst entstandene Gruppe Junge Tat definiert sich sehr stark über ihre Wehrbereitschaft und trainiert Kampfsport.
Die Kameradschaftsszene ist geprägt von kurzlebigen organisatorischen Strukturen. Die altgedienten Kameradschaften wie die Kameradschaft Morgenstern oder der Waldstätterbund wurden durch neue Strukturen abgelöst. Die Kameradschaft Heimattreu (KHT), die Nationale Aktionsfront (NAF) und die Junge Tat sind die jüngsten Produkte dieser Entwicklungen. Sie sind eng verbandelt mit dem internationalen B&H-Netzwerk und machten durch Provokationen am Rande einer antirassistischen Kund- gebung in Schwyz 2019 von sich reden. Mitglieder der KHT verbrann- ten, gekleidet in B&H-Pullovern, ein vor der Demonstration entwendetes Transparent.
Unter der Führung des 20-jährigen Manuel Corchia wagte sich in Winterthur kurzzeitig eine Truppe junger Neonazis unter den Namen Eisenjugend und Nationalistische Jugend Schweiz (NJS) aufs politische Parkett. Mit Verbalradikalismus und nationalsozialistischer Ästhetik suchte sie die Konfrontation mit ihren politischen Gegner*innen und Anschluss in der rechten Szene.
AUFBRUCH IM WESTEN? In Genf, der Waadt und im Wallis for- mierte sich 2014 aus einer Abspaltung der Parti Nationalist Suisse (PNS) die Gruppe Résistance Helvétique (RH), die hohe politische Ansprüche formulierte und die zersplitterte Szene vereinen wollte. Die Gruppe bietet drei Generationen von Aktivist*innen eine neue Heimat und tritt als Brückenbauerin auf. Mit der Einweihung ihres Lokals «l’Aquila» im Mai 2018 in Aigle VD schuf sie einen physischen Treffpunkt, in dem Lesungen, Vorträge und Treffen stattfinden konnten. Die RH orientiert sich politisch stark an der französischen «Neuen Rechten» und suchte aktiv Anschluss an deren Szene. Verortet sich die RH vorwiegend im akademischen Milieu, versuchte ab 2015 Kalvingrad Patriote in Genf den vorpolitischen Raum für sich zu gewinnen. Mit einer dezidierten Bildsprache, direkten Aktionen und einem prolligen Auftreten suchte sie die Öffentlichkeit. Nach einer intensiven Hochphase von 2017 bis 2019 verebbte die Aufbruchstimmung in der Westschweiz. Kalvingrad Patriote löste sich, wie auch die PNS, im Sommer 2020 auf, das «l’Aquila» musste seine Pforten schliessen.
QANON UND CORONA-REBELL*INNEN Nicht erst seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie finden Verschwörungserzählungen starken Widerhall in der extremen Rechten. Befeuert durch Soziale Medien erreicht rechte Hetze durch diese abstrusen Ideen immer breitere Gesellschaftsschichten und antisemitische Narrative werden wieder massentauglich. Gerade der aus den USA stammende QAnon-Mythos zählt auch in der Schweiz eine wachsende Anhänger*innenschaft. Die Corona-Pandemie befeuert den Einfluss der Verschwörungsideen massiv und schafft ein Bündnis zwischen extrem rechten Blogger*innen, Impfgegner*innen und Esoteriker*innen. Die Bewegung der Corona-Rebell*innen ist an sich zwar nicht rechts, biedert aber mit Exponent*innen des rechten Lagers an und driftet immer stärker an den rechten Rand. Es bleibt abzuwarten, ob das Bündnis der Corona-Skeptiker*innen Bestand hat und wie sich deren Akteur*innen politisch ausrichten.
Aus der esoterischen Szene erfahren völkisch-heidnische Gruppen wie die Anastasia-Bewegung oder Urahnenerbe Germania verstärkten Zulauf. Beide Bewegungen propagieren einen rechten ökologischen Lebenswandel mit patriarchalen Familienstrukturen und einem rassistischen Weltbild. Auch hier ist die antisemitische Idee einer «Weltverschwörung» ideologisches Bindemittel.
INTERNATIONALE SZENE Zwar ist die Szene der organisierten Rechten tendenziell am Schrumpfen, doch sind deren Exponent*innen international besser vernetzt. Sie kämpfen im Sezessionskrieg in der Ukraine, nehmen an Gedenkmärschen in Ungarn teil, sind an Kundgebungen in Deutschland anzutreffen oder beteiligen sich an Aktionen der Identitären Bewegung im Mittelmeer.
Umgekehrt ziehen sich auch immer mehr Aktivist*innen aus Deutschland und Frankreich in die Schweiz zurück. Nordulf Heise entzog sich seinem Prozess in Deutschland und kommt bei Freunden im Wallis unter. Der NSU-Unterstützer Ralf Marschner betreibt in Flums SG ein Antiquitätengeschäft und Mitglieder des französischen B & H-Ablegers Hexagone fanden in der Westschweiz ihre neue Heimat.
Nicht nur das Internet und die gesteigerte Mobilität, sondern auch ideologische Verschiebungen ermöglichen es Neonazis, internationaler zusammenzuarbeiten. Der Feind sitzt nicht mehr im Nachbarland, sondern an der Grenze der EU. Es gelte, ein «weisses Europa» gegen das Fremde zu verteidigen.
HOLOCAUSTLEUGNUNG
Aus: ANTIFAREVUE #2, 2021, Bern
Seit rund 30 Jahren treibt die Avalon-Gemeinschaft in der Schweiz ihr Der systematische Völkermord der Nazis an rund sechs Millionen europäischen Jüdinnen und Juden im Zweiten Weltkrieg, der Holocaust, ist wissenschaftlich zweifelsfrei belegt. Dennoch gibt es auch heute noch sogenannte Holocaustleugner*innen, welche dieses Verbrechen leugnen oder den Holocaust weitgehend verharmlosen. Um ihre Thesen zu stützen, manipulieren sie historische Quellen oder erfinden angebliche Gegenbeweise. Ihre Absicht: Den Nationalsozialismus und ihm verwandte Ideologien wieder salonfähig zu machen.
Die Szene der organisierten Holocaustleugner*innen in der Schweiz ist überschaubar, aber international gut vernetzt. Langjährige Vertreter aus der Schweiz waren oder sind Gaston-Armand Amaudruz († 2018), Jürgen Graf und Bernhard Schaub. Die Szene nutzt die Sozialen Medien gezielt, um ihr krudes Gedankengut zu verbreiten. Mit einigem Erfolg:
Die Verharmlosung des Holocausts und antisemitische Verschwörungsmythen sind auf Facebook, YouTube & Co. mittlerweile ein Massenphänomen und finden Anhänger*innen weit über die extreme Rechte hinaus.
Rechtsrock
Aus: ANTIFAREVUE #2, 2021, Bern
Musik spielt in der Subkultur der extremen Rechten eine zentrale Rolle. Sie transportiert offen oder versteckt rechtsextreme oder antisemitische Inhalte, wirkt identitätsstiftend und dient auch als Tor zur Szene. Der Verkauf von Konzerttickets, Merchandise-Artikeln und Tonträgern zählt zu den wichtigsten Einnahmequellen der extremen Rechten. Gleichzeitig sind Konzerte wichtige Vernetzungsplattformen für Neonazis – oft werden an den Anlässen geheime Treffen durchgeführt.
Eigentliche Vorreiterin des Rechtsrocks war die englische Band Skrewdriver um den späteren Blood & Honour (B&H)-Gründer Ian Stuart Donaldson. Sie verstand es, über Punkmusik neonazistisches Gedankengut zu verbreiten und so ein jüngeres Publikum anzusprechen. In den letzten Jahrzehnten haben sich in zahlreichen Ländern rechtsextreme Rock-, Metal- und Rap-Gruppen formiert.
NUR WENIGE BANDS Die Schweizer Rechtsrock-Szene ist überschaubar. Seit den 1990er Jahren gründeten sich ein knappes Dutzend rechtsextremer Gruppen, die meist den Schweizer Hammer- skins (SHS) oder B&H nahe standen und zum Teil ihre Tonträger unter einem eigenen Label herausbrachten. Mittlerweile haben sich die meisten Bands aufgelöst oder zurückgezogen – eine Ausnahme ist die Band Amok.
Dissens aus Luzern war die eigentliche Hofkapelle der SHS. Sänger und einzige Konstante der Gruppe, Carlo «Gary» Albisser, ist Mitbegründer der SHS. Die Band gab in ihrer langen Geschichte drei Alben heraus und hatte auch einige internationale Auftritte.
Die Gruppe Hellvetica um die beiden Walliser B&H-Mitglieder Silvan Gex-Collet und Martin Schwery spielte in ihrer kurzen Bandgeschichte nur wenige Konzerte. Auch veröffentlichte sie eine Handvoll Lieder.
Eine der produktivsten Rechtsrock-Bands in der Schweiz war Indiziert. Bandmitglieder waren der langjährige PNOS- Parteichef Dominic «Gixu» Lüthard, die Brüder Alexander und Cédric Rohrbach aus Burgdorf BE sowie Benjamin Lingg (ab 2005). Die Band spielte zwischen 2004 und 2009 vier Alben ein und trat regelmässig in der Schweiz und in Nachbarländern auf.
KONZERTPARADIES SCHWEIZ Der musikalische Output hiesiger rechtsextremer Bands ist für die internationale Neonaziszene nur von geringer Bedeutung. Viel wichtiger ist die Funktion der Schweiz als Austragungsort von Konzerten. Immer wieder finden – meist unbehelligt – Auftritte von einschlägigen Szenegrössen statt, was der Schweiz den höchst zweifelhaften Ruf eingetragen hat, ein Konzertparadies für Neonazis zu sein. Obwohl es an den Anlässen oft zu Verstössen gegen das Antirassismusgesetz kommt, greifen die Behörden nur selten ein.
Amok Seit über 15 Jahren besteht die Schweizer Rechtsrock-Band Amok. Ihre Mitglieder sind dem rechtsextremen Netzwerk Blood & Honour (B&H) zuzuordnen. Von den Gründungsmitgliedern ist heute einzig noch der Sänger Kevin Gutmann dabei.
2005 trat die bis dahin unbekannte Band an einem Memorial für den verstorbenen B&H-Gründer Ian Stuart Donaldson (ISD) im Wallis auf. Durch verdeckte Recherchen wurden Bilder von «Sieg Heil» skandierenden Nazis der Öffentlichkeit bekannt. Die Erfolgsgeschichte von Amok war damit lanciert. Es folgten mehrere Auftritte im Ausland und 2007 das erste Album «Verbotene Wahrheit». Darunter ein Lied, in dem zum Mord am Schweizer Journalisten Hans Stutz aufgerufen wird. Durch die nachfolgenden Ermittlungen wurden alle vier Bandmitglieder enttarnt und später auch verurteilt. Zwei der Mitglieder waren bereits 2007 am Angriff auf eine Veranstaltung der JUSO Glarus beteiligt. Bei Hausdurchsuchungen wurden unter anderem auch illegal erworbene Waffen sichergestellt. Die Verurteilung der Band führte nach 2010 zu mehreren Wechseln in der Besetzung. Zeitweise stand gar Alexander Gorges, Mitglied der bekannten deutschen Neonazi-Band Oidoxie, für Amok am Bass. Nach einem weiteren ISD-Memorial 2013 in Ebnat-Kappel SG wurde es ruhiger um die Band, da Sänger Kevin Gutmann eine Haftstrafe verbüssen musste.
Während Amok zunehmend im internationalen Umfeld auftrat, veröffentlichten sie 2010 ein zweites und im Frühjahr 2015 ein drittes Album. Die dritte Scheibe mit dem Titel «Das Lumpenpack von Bern» war zwar erstmals auch in Deutschland legal erhältlich – führte aber zu neuen Anklagen: In einem der Lieder wünschen sie sich «das Dritte Reich» zurück, gleichzeitig coverten sie im selben Stück eine Melodie der Toten Hosen, die umgehend eine Unterlassungsklage einreichten.
Mit anderen Szenegrössen wie Stahlgewitter trat Amok schliesslich im Oktober 2016 am «Rocktoberfest» in Unterwasser SG vor rund 5000 Neonazis aus ganz Europa auf. Der bestens vernetzte Gutmann war dabei massgeblich an der Organisation beteiligt. Der letzte bekannt gewordene Auftritt von Amok fand am «Eichsfeldtag» 2017 statt.
Im Februar 2019 wurde Gutmann wegen eines vier Jahre zuvor erfolgten Angriffs auf einen orthodoxen Juden vom Zürcher Obergericht zu zwölf Monaten bedingt verurteilt. Trotzdem erschien im Dezember ein weiteres Werk mit dem Titel «Teeren & Federn». Im Song «Nilpferdjäger» wird ebendieser antisemitische Angriff glorifiziert und jüdische Menschen werden als Nilpferde diffamiert. Der – vor Gericht geläuterte – Gutmann besingt sich also gleich selbst.
Erschiessungskommando Die Cover der CDs wirken martialisch, Vermummte sind abgebildet, sie tragen Anzüge und halten ein Gewehr oder eine Pistole in den Händen. Erschiessungskommando veröffentlichte bisher vier konspirativ produzierte und vertriebene Tonträger mit den eindeutigen Titeln «Todesmarsch» (2013), «Blut und Ehre» (2016), «Sieg oder Tod» (2016) und «Henkerszeit» (2019).
Bereits auf dem ersten Album bekennt sich die Band zum militanten NetzwerkBlood&Honour/Combat18 (B&H/C18). So lautet ein Refrain: «Wir sind Blood and Honour, führertreu und militant, unsere arische Bewegung reicht schon heut in jedes Land. So stehen unsere Krieger von Stockholm bis Wien. Kampfgruppe Adolf Hitler – Combat 18».
Ihre dritte CD wurde exklusiv am «Rocktoberfest» in Unterwasser SG zum Verkauf angeboten. Durch ihr offen antisemitisches und rassistisches Liedgut wird die Band als Szenegrösse gehandelt, obschon noch kein Auftritt der Band publik geworden ist. Die CDs der Band sind schwer zu beschaffen: Sie werden unter der Hand verkauft oder im Internet zum Download angeboten.
Erschiessungskommando ist ein gemeinsames Bandprojekt von Amok und der deutschen Band Sonderkommando Dirlewanger (SKD). In den beiden Bands sind dieselben Personen aktiv, welche auch mit der Organisation des «Rocktoberfestes» 2016 in Zusammenhang gebracht werden: Kevin Gutmann und der Thüringer Thomas Wagner.
Dass die Band in der Szene als Schweizer Band gilt, dürfte eine rein taktische Überlegung sein. So wurden in Deutschland mehrere Bands, die dem B&H-Netzwerk angehörten, als kriminelle Vereinigungen verurteilt und verboten.
Vargr I Veum Die Gründung der Band Vargr I Veum (althochdeutsch für vogelfrei, heimatlos) wurde im Frühling 2006 von Mitgliedern der Hammerskin-nahen Gruppe Dissens aus Luzern bekannt gegeben. Vargr I Veum orientiert sich stark am altgermanischen Heidentum und an paganistischer Symbolik, was sich sowohl im Liedgut als auch im Logo widerspiegelt. Als explizit rechtsextreme Musikgruppe mit Einflüssen aus dem Neofolk und Metal-Bereich tragen sie zum Brückenschlag zwischen Metal-Szene und Neonazis bei.
Geografisch ist Vargr I Veum im Kanton Thurgau anzusiedeln, wo die Band verschiedentlich Konzerte organisierte. Über neun Jahre lang betrieben die Bandmitglieder in Kradolf TG auch einen Probe- und Clubraum – gemeinsam mit dem Patriotischen Ostflügel (POF), einer 1995 gegründeten Neonazi-Gruppierung aus dem Umfeld der Schweizer Hammerskins. Obwohl die Band von Anfang an dem Schweizer Hammerskin-Chapter zugerechnet werden konnte, wurde sie zunächst wenig beachtet. Mit einem beigesteuerten Titel auf einer Gedenk-CD für einen verstorbenen Hammerskin im Jahr 2015 hat die Band ihre Verbindung zum internationalen Netzwerk bestätigt. Nach einer Vielzahl an Auftritten im In- und Ausland hat sie sich mittlerweile zu einem festen Bestandteil der Schweizer Neonaziszene gemausert.
Lange Zeit gelang es den Mitgliedern durch die Verwendung von Pseudonymen in der Öffentlichkeit unerkannt zu bleiben. Einige der Musiker konnten jedoch mittlerweile enttarnt werden: So finden sich in der ursprünglichen Besetzung mit Pascal Zarka und Hansjörg Felber (Pseudonym «Dirk Haase») gleich zwei Urmitglieder der Hammerskins. Felber war bereits am Überfall auf das antirassistische Festival in Hochdorf 1995 beteiligt und blickt auf über 20 Jahre als aktiver Hammerskin zurück.
Die Band hat im März 2017 in neuer Besetzung (abgesehen vom Gründungsmitglied Felber) ihr drittes Album «Der dritte Streich» publiziert.
«ROCKTOBERFEST»
In der Nacht vom 15. auf den 16. Oktober 2016 nahmen über 5000 Neonazis aus ganz Europa an einem Rechtsrock- Konzert in der Tennis- und Eventhalle in Unterwasser SG teil. Es war das grösste rechtsextreme Event, das je in der Schweiz stattgefunden hat.
Bereits Monate im Voraus wurde für den Konzertabend mit deutschen Szenegrössen wie Stahlgewitter, Frontalkraft, MaKss Damage und der Schweizer Band Amok Werbung betrieben.
Die Organisator*innen des Anlasses, die hauptsächlich aus Thüringen stammten, sind dem Umfeld der internationalen Neonazi- Organisation Blood & Honour (B&H) zuzurechnen. Das Lokal hatte der im Zürcher Oberland wohnhafte Thüringer Neonazi Matthias Melchner angemietet. Auch der Zürcher B&H-Mann und Amok-Sänger Kevin Gutmann half tatkräftig mit.
Der Anlass dürfte einen Gewinn von über 100 000 Schweizer Franken eingespielt haben. Geld, das direkt in die Neonazi-Strukturen floss, unter anderem zur Deckung der Prozesskosten der Thüringer Nazi-Schläger im «Ballstädt-Prozess».
Obwohl die Behörden vom Anlass Kenntnis hatten, feierten die Neonazis ungestört. Erstaunlich auch, dass mehrere Tausend Rechtsextreme, teils in Reisecars, problemlos in die Schweiz einreisen konnten.
White Rex
Aus: ANTIFAREVUE #2, 2021, Bern
White Rex, 2008 in erster Linie als Kleidermarke gegründet, steht mittlerweile für ein ausgeklügeltes Neonazi-Netzwerk, das in ganz Europa aktiv ist. Seit 2018 werden die von White Rex produzierten Waren durch die Fighttex AG aus Lotzwil BE vertrieben, deren Besitzer der Hammerskin und PNOS-Präsident Florian Gerber ist. Gerber pflegt engen Kontakt mit der internationalen extremen Rechten, unter anderem im Bereich Kampfsport. Massgeblich beteiligt an der Finanzierung der Fighttex AG war auch Peter Patrik Roth aus Wangen a.A. BE, PNOS-Sympathisant der ersten Stunde und Besitzer der bekannten Matratzenfirma Roviva AG.
Nebst Kleidung gehört Kampfsportausrüstung zum Hauptsortiment von White Rex. Ihr Logo zeigt einen stilisierten Kämpfer vor einem Kolovrat (zwei übereinandergelegte abgerundete Hakenkreuze). White Rex als Philosophie steht für eine aggressive, weisse Männlichkeit, die konservativ und rassistisch geprägt ist. White Rex kombiniert diese Wertehaltung mit Lifestyle-Produkten. Neu gibt es auch ein unverfänglicheres Logo mit zwei gekreuzten Blitzen und den Buchstaben WTRX.
Gründer des Netzwerks ist der in Köln aufgewachsene Russe und Kampfsportler Denis Nikitin (Geburtsname Kapustin). Anfangs organisierte er Kampfsportturniere in Russland und der Ukraine, später auch in Westeuropa in Zusammenarbeit mit lokalen Neonazi-Organisationen. Lange Zeit lebte er in Kiew UK und gastierte häufig im «Reconquista-Club». Der direkt mit dem rechtsextremen, paramilitärischen Asow-Batallion in Verbindung stehende Club ist Restaurant, Trainings- und Kampfsportarena in einem. Wöchentlich finden Kämpfe statt. Gleichzeitig geben sich dort ortsansässige und internationale Neonazis die Klinke in die Hand.
2017 besuchte auch der Westschweizer Hammerskin Joël «Pouppi» Moret den «Reconquista Club» gemeinsam mit Denis Nikitin. Rund ein Jahr später reiste Moret erneut nach Kiew, dieses Mal, um seinen ersten MMA-Kampf zu bestreiten.
Nikitin selber war auch bereits mehrere Male in der Schweiz zu Gast: Mindestens zweimal führte er Selbstverteidigungsseminare für die PNOS durch, an welchen auch Gerber mit dabei war. Ende 2018 verschwand Nikitin von der Bildfläche und die White Rex-Webseite ist seither nicht mehr erreichbar.
Avalon-Gemeinschaft
Aus: ANTIFAREVUE #2, 2021, Bern
Seit rund 30 Jahren treibt die Avalon-Gemeinschaft in der Schweiz ihr Unwesen. In der Avalon-Gemeinschaft vereinen sich (Pseudo-)Intellektuelle der neuen Rechten und Kameradschaftsaktivist*innen mit unverbesserlichen Altnazis und Holocaustleugner*innen.
GERMANISCHE FEIERN UND NS-VERHERRLICHUNG Die 1990 gegründete Avalon-Gemeinschaft wurde lange Zeit vom bekennenden Nationalsozialisten Roger Wüthrich geführt, bis dieser im Sommer 2003 von Adrian Segessenmann abgelöst wurde. Die Gemeinschaft führt regelmässig Sonnwendfeiern, Erntedankfeste und andere mythische Anlässe durch, welche meist nur für Mitglieder und geladene Gäste zugänglich sind. Nebst der völkisch-germanischen Komponente ziehen sich die Relativierung des Holocausts und Verherrlichung des Nationalsozialismus als roter Faden durch ihre Aktivitäten: 1993 referierten unter dem Titel «Holocaust, das neue Dogma des 20. Jahrhunderts?» in einem Berner Hotel bekannte Holocaust-Leugner*innen aus ganz Europa; 1999 schwadroniert Segessenmann in einer Waldhütte bei Schüpfen BE über die Waffen-SS; 2017 tritt der «jüngste Ritterkreuzträger des Afrikakorps» und Altnazi Günter Halm vor rund 80 Personen im Kanton Aargau auf und im November 2019 referiert Segessenmann am «Völkischen Forum» der Nationalen Aktionsfront (NAF) über den «Nationalen Sozialismus im 21. Jahrhundert». Diese Liste liesse sich beliebig lange erweitern.
NEONAZIS MIT INTELLEKTUELLEM ANSTRICH Das Publikum an den Veranstaltungen ist jeweils klein – trotzdem nimmt die Avalon- Gemeinschaft eine nicht zu unterschätzende Rolle ein: Sie verbindet den Versuch eines theoretischen Überbaus intellektueller Neurechter mit dem Kampf der oft jungen Neonazis militanter Gruppierungen wie der NAF. Segessenmann ist dabei Schlüsselperson: Als Mitglied der Hammerskins und ehemaliger Aktivist der Nationalen Offensive und der Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) mischt er seit Jahrzehnten in der braunen Szene mit. Auch international ist er bestens vernetzt, tritt als Redner auf oder organisiert Bildungsveranstaltungen für freie Kameradschaften zu den «Prinzipien des nationalen Kampfes».
Die Veranstaltungen der Avalon-Gemeinschaft bilden so einen politischen und kulturellen Überbau für das Selbstverständnis der heutigen Neonazis und vermitteln ihnen die Legitimation, ihre kruden Vorstellungen in die Tat umzusetzen.
Association des Amis de Robert Brasillach
Aus: ANTIFAREVUE #2, 2021, Bern
Die Association des Amis de Robert Brasillach (ARB) mit Sitz in Genf hat sich zum Ziel gesetzt, die Werke des Antisemiten und überzeugten Faschisten Robert Brasillach (1909–1945) zu verbreiten. Am 18. Dezember 1948 in der Schweiz gegründet, erhebt die Vereinigung den französischen Schriftsteller und Nazi-Kollaborateur zum Märtyrer. Kopf des Vereins ist seit 1992 Pascal Junod, Anwalt und Fürsprecher der extremen Rechten aus Genf. Der Vorstand ist international besetzt.
GERMANISCHE FEIERN UND NS-VERHERRLICHUNG Die 1990 gegründete Avalon-Gemeinschaft wurde lange Zeit vom bekennendeDie Gruppe tritt vor allem mit Veranstaltungen und Schriften in Erscheinung. So lädt sie alljährlich zu einer Diner-Debatte nach Paris, letztens im Februar 2020. Unter der Federführung von Pascal Junod erscheint zudem halbjährlich das «Bulletin de l’Association des Amis de Robert Brasillach». In der Ausgabe vom Frühling 2019 wurde des mit 97 Jahren verstorbenen Waadtländer Holocaustleugners Gaston-Armand Amaudruz gedacht – dies ist bezeichnend für eine Generation rechtsextremer Intellektueller, die langsam aber sicher in die Jahre kommt. Ihre Website präsentiert sich zwar in neuem Kleid und wird auch regelmässig gefüttert, Zahlen, Köpfe und Themen scheinen sich aber im Kreis zu drehen.
Anastasia-Bewegung und Urahnenerbe Germania
Aus: ANTIFAREVUE #2, 2021, Bern
Esoterische Bewegungen mit braunem Anstrich haben sich auch in der Schweiz eingenistet. In vielen Fällen offenbaren sich ihre völkischen, antisemitischen und rassistischen Ideen aber erst auf den zweiten Blick. Ihre Mitglieder vertreten häufig ein antidemokratisches Weltbild und wärmen alte, antisemitische Verschwörungsideen auf.
ANASTASIA – RUSSISCHE BEWEGUNG IN DER SCHWEIZ
Anhänger*innen der Anastasia-Bewegung propagieren Selbstversorgung und ein naturverbundenes Leben. Als zentrales Element dient das Werk «Anastasia» des Russen Wladimir Megre. Die Hauptfigur verfügt über spirituelle und übersinnliche Fähigkeiten, gleichzeitig werden rassistische, frauenfeindliche und antisemitische Inhalte portiert. Die Bücher stossen deshalb neben der Esoterik- und Öko-Szene auch in rechtsradikalen und antisemitischen Kreisen auf Begeisterung. Klaus Theuretzbacher aus Wädenswil SG unterhielt in der Schweiz gar eine Website und ein Forum zum Thema, diese sind jedoch seit einigen Jahren verwaist.
FAMILIENLANDSITZE FÜR VOLKISCHE ESOTERIKER*INNEN
Das völkische Gedankengut ist aber nicht verschwunden: Im August 2019 trafen sich rund 50 Personen in Degersheim SG zu einer dreitägigen «Anastasia-Party». Die Veranstaltung wurde vermutlich vom Verein Familienlandsitze Schweiz organisiert. Die sektenartige Gruppierung widerspricht zwar, der Anastasia-Bewegung anzugehören, verweist auf ihrer Internetseite jedoch auf die Bücherreihe und propagiert die darin enthaltenen Lebensweisen. Sie geben sich als Naturfreund*innen, die auf ökologisches Wirtschaften setzen und ihre Ideen der Lebensführung in einer geschlossenen Gemeinschaft ausleben wollen. Der Verein organisiert auch regelmässig Veranstaltungen, Russlandreisen inklusive.
URAHNENERBE GERMANIA Seit einiger Zeit drängt eine weitere braun-esoterische Bewegung in die Schweiz: Der deutsche Frank Willy Ludwig, Gründer von Urahnenerbe Germania, scheut keine Anlehnungen an den Nationalsozialismus und verbreitet auch in der Schweiz seine pseudowissenschaftlichen «Fakten». Ludwig ist bestens vernetzt mit verschiedenen Exponent*innen der braunen Szene, auch mit Holocaustleugner*innen. Das Hakenkreuz und das Symbol der SS sind auf der Website von Urahnenerbe Germania nur leicht verfremdet.
Bereits im Jahr 2017 versuchte die Organisation Cine12 einen Vortrag mit Ludwig in Thun BE durchzuführen. Als der Vermieter des Saales realisierte, dass der Referent rechtsradikales Gedankengut verbreitet, wurde ihnen der Veranstaltungsraum verwehrt. Treibende Kraft hinter Cine12 ist der Schweizer Verschwörungsideologe und Staatsverweigerer Heino Fankhauser – er organisiert weiterhin Stammtische und verbreitet über YouTube Videos von Reichsbürger*innen, Holocaustleugner*innen und Antisemit*innen.
Auch Ludwig bereist weiterhin die Schweiz: Zuletzt verbreitete er sein abstruses Gedankengut im April 2019 an einem Tagesseminar in der Nähe von Thun BE und wenige Tage später mit einem Vortrag in Schaffhausen.
Blood & Honour und Combat 18
Aus: ANTIFAREVUE #2, 2021, Bern
Das militante, internationale Netzwerk Blood & Honour (B&H) setzt sich zum Ziel, die nationalsozialistische Ideologie unter Jugendlichen zu verbreiten. Die rechtsextreme Skinhead-Vereinigung wurde 1980 in England gegründet und ist vor allem im Musikbereich aktiv.
Combat 18 (zu Deutsch: «Kampftruppe Adolf Hitler»; C18) gilt als bewaffneter Arm von B&H, welcher nach dem «leaderless resistance»-Prinzip in autonomen Zellen und Kleingruppen organisiert ist. Internationale Entwicklungen des seit 2013 wiedererstarkten B&H /C18-Netzwerkes sind auf exif-recherche.org nachzulesen. Auch die Schweizer B&H-Sektion ist dem C18-Flügel zuzurechnen, welcher mit dem Slogan «whatever it takes» auftritt und im Logo einen Drachen führt.
Die erste Schweizer Sektion wurde 1998 in der Deutschschweiz gegründet, später folgte die Gründung der Sektion Romandie unter Führung von Olivier Kunz. Dieser knüpft intensiv Kontakte in die ganze Welt und tat sich erfolgreich im Vertrieb von Musik sowie in der Organisation von Konzerten hervor – so nahmen an einem Konzert in Concise NE im April 1998 mutmasslich Mitglieder des NSU teil.
Infolge des Aufmarsches von Naziskins an der offiziellen Bundesfeier auf dem Rütli im Jahr 2000 geriet auch B&H in den kommenden Jahren medial in die Schlagzeilen und scheute zunehmend die Öffentlichkeit.
2006 mussten sich vier Sektionskader wegen der Organisation eines Gedenkkonzertes im Wallis, an welchem die Schweizer Band Amok das sogenannte «Blutlied» spielte, vor den Behörden verantworten. Eine von B&H offen mobilisierte aber behördlich untersagte Demonstration «gegen Kinderschänder» im Oktober 2005 wurde zu einem Schaulaufen von hundert Mitgliedern und Sympathisant*innen des Netzwerkes. Spätestens nach dem Outing aller Teilnehmer*innen der Gedenkfeier in Sempach LU 2008, verlagerten sich die Aktivitäten nach Innen.
REUNION MIT SCHWEIZER BETEILIGUNG Die aktivste Sektion der letzten zehn Jahre, jene aus Zürich unter der Führung von André «Andy» Senn, war 2012 federführend an der Wiedervereinigung der europäischen B&H/C18-Gruppen beteiligt. So fanden ab 2013 mehrere internationale Meetings statt, um ein stärkeres Netzwerk zu bilden und sich für «härtere» Zeiten zu rüsten. Neben den Kadern André Senn, Silvan Gex-Collet und Erika Buchwald (geb. Pavano) nahmen etliche Schweizer B & H-Mitglieder an Treffen im Ausland teil.
An diesen Meetings wird nicht nur diskutiert – integraler Bestandteil sind Survivaltrainings, die häufig Schiessübungen beinhalten. Meist finden solche Meetings parallel zu grösseren, von B&H /C18 organisierten, Konzerten statt. So beispielsweise am 1. August-Wochende 2015 in Schönenberg ZH.
Hervorzuheben ist an dieser Stelle das von länderübergreifenden B&H/C18-Strukturen organisierte Mega-Konzert «Rocktoberfest» (S. 45), das 2016 in Unterwasser SG stattfand. Zuletzt sorgten einige B&H-Mitglieder für Aufsehen, als sie 2019 in Schwyz am Rande einer Antirassistischen Kundgebung rumpöbelten.
Europäische Aktion
Aus: ANTIFAREVUE #2, 2021, Bern
Die Europäische Aktion (EA) gründete sich 2010 als internationales Sammelbecken für Neonazis, Antisemit*innen und Geschichtsrevisionist*innen. Initiant und treibende Kraft der EA war der Schweizer Holocaustleugner Bernhard Schaub. Laut dem sieben Ziele umfassenden Programm wollte sich die EA, die sich als fundamentale Gegenbewegung zum herrschenden System verstand, für die Wiederherstellung der freien Rede, die Rückführung aussereuropäischer Einwanderer*innen und die Schaffung einer europäischen Eidgenossenschaft einsetzen.
Trotz ihres Anspruchs, eine europaweite Dachorganisation zu sein, konnte die EA – wohl auch wegen ihres altbackenen Auftritts – zunächst nur eine kleine Schar vorwiegend älterer Mitstreiter*innen für sich gewinnen. In die Führungsstruktur der EA eingebunden waren unter anderem der NPD-Politiker Rigolf Hennig sowie die beiden Holocaustleugnerinnen Ursula Haverbeck-Wetzel und Michèle Renouf. Die EA unterhielt vorab in der Schweiz, Deutschland, Österreich und Liechtenstein sogenannte Stützpunkte und Informationsstellen, verfügte über eine vielsprachige Website und organisierte Veranstaltungen wie das jährliche Europa-Fest.
NEUE AUSRICHTUNG 2013 zog sich Bernhard Schaub zurück. In seine Fussstapfen traten andere. Neben Rigolf Hennig, dem Liechtensteiner Oliver Hasler und dem Österreicher Dr. Hans Berger, welcher jahrzehntelang in der Agglomeration Basel wohnte, auch der Thüringer Gebietsleiter Axel Schlimper. Mit dem Führungswechsel änderte sich auch die Ausrichtung der EA – weg von aggressiver Rhetorik hin zu Militanz. Die Gruppe veranstaltete Geländetrainings, Wehrsportübungen und Waldbiwaks, zog vermehrt jüngere Aktivist*innen an und pflegte etwa Kontakte zur mittlerweile aufgelösten, paramilitärischen Neonazi-organisation Magyar Nemzeti Arcvonal (MNA) aus Ungarn.
Die Behörden setzten dem Spuk schliesslich ein Ende. Wegen Umsturzbemühungen ordnete zunächst die Staatsanwaltschaft Österreich im Dezember 2016 Durchsuchungen bei Hans Berger (im August 2018 in der Untersuchungshaft verstorben) und sieben weiteren Personen an. Im Juni 2017 kam es zu mehreren Razzien in Deutschland, dabei wurden Waffen, Munition und Propagandamaterial sichergestellt. Zu den 13 Beschuldigten gehörte auch Axel Schlimper, der einige Tage zuvor in einem Video-Stream die Auflösung der EA verkündet hatte, wohl um einem drohenden Verbot der Gruppierung zuvorzukommen. Zumindest eine Zeit lang traten Aktivist*innen der EA auch nach der Auflösung noch auf rechten Veranstaltungen in Erscheinung.
Identitäre Bewegung Schweiz
Aus: ANTIFAREVUE #2, 2021, Bern
Die Identitäre Bewegung (IB) versteht sich selbst als «europaweite patriotische Jugendbewegung, die sich für Heimat, Freiheit und Tradition einsetzt». Die im Netzwerk der Neuen Rechten eingebundene rassistische Organisation hat Ableger in Frankreich (Ursprungsland der Bewegung), Österreich, Deutschland, England und in der Schweiz.
Die IB versucht, durch ein modernes, aktionistisches Auftreten einen gesellschaftsfähigen völkischen Nationalismus zu propagieren, der sich gegen aussen hin durch Kleidung und Lebensstil vom Nationalsozialismus abgrenzen soll.
Die IB vertritt einen Ethnopluralismus, der von einer biologisch begründeten Volks- und Abstammungsgemeinschaft ausgeht: Jedes Volk hat eine eigene Kultur, die erhalten und gegen eine «Multikulti-Gesellschaft» verteidigt werden muss. Im Zentrum steht der Mythos eines von den Regierungen geplanten «Grossen Austausches»: Die Identität der geschlossenen, ethnisch homogenen «europäischen Kultur» sei von einer «Islamisierung» bedroht. Mittels Migration werde die europäische Bevölkerung gegen eine nichteuropäische «ausgetauscht», die in wesentlichen Teilen aus Kriminellen und Sozialleistungserschleicher*innen bestehe. Bekannt gemacht hat diese Idee der französische Vordenker der Neuen Rechten, Renaud Camus. Der Attentäter, der 2019 in einer Moschee in Christchurch NZ über 50 Menschen ermordete, bezog sich in seinem Manifest auf diesen Verschwörungsmythos.
Die Identitäre Bewegung Schweiz trat 2017 erstmals öffentlich in Erscheinung, als mehrere Transparente an Autobahnbrücken aufgehängt wurden und eine Handvoll Identitäre vor einer Moschee in Biel demonstrierten. Mehrmals fanden Stammtische in Restaurants statt, die eher schlecht besucht waren. Danach verschwand die Bewegung wieder aus der Öffentlichkeit. Die IB Schweiz betreibt eine Website, die nur sporadisch aktualisiert wird. Auch auf Social Media ist sie für eine «Jugendbewegung» nicht gerade aktiv.
Die Schwierigkeit, junge Menschen für ihre doch eher intellektuelle Ideologie zu begeistern, sowie fehlende rechte Student*innen- verbindungen als Nährboden, führten unter anderem dazu, dass die IB in der Schweiz nicht Fuss fassen konnte.
Kalvingrad Patriote
Aus: ANTIFAREVUE #2, 2021, Bern
Am 26. August 2020 veröffentlichte Kalvingrad Patriote (KP) auf ihrem Facebook-Account eine Stellungnahme zu ihrer Selbstauflösung. Darin geben sie als Grund die permanenten Auseinandersetzungen mit antifaschistischen Gruppen und die wachsende staatliche Repression an. Interne Streitigkeiten über die zukünftige Ausrichtung der Gruppe haben wohl ebenfalls ihren Teil zur Auflösung beigetragen.
KP war eine junge, in der Stadt Genf ansässige, identitäre Gruppierung. Sie ging 2015 aus den beiden Genfer Gruppen Jeunesses Gene- voises (JG) und Genève Non Conforme (GNC) hervor. Die Kerngruppe umfasste ein gutes Dutzend Personen, welche sich um die beiden Brüder Mike und Alan Gutierrez formierten.
Als ihre Kernanliegen formulierte die Gruppe, angelehnt an die Werte der Identitären Bewegung, die Schlagworte «Jugend», «Sport» und «Identität». Zu ihren Hauptaktivitäten gehörten deshalb vor allem die Organisation und Durchführung von Konferenzen, Lesezirkeln und Kampfsportveranstaltungen.
Die Konferenzen, die KP mehrfach zusammen mit der Résistance Helvétique (RH) organsiert hatte, sowie ihre monatlich stattfindenden Lesezirkel, wurden mehrheitlich in den beiden Genfer Lokalen «Navy- Bar» und «Hôtel-de-Ville» durchgeführt. Ein fixes Datum in der Agenda von KP war, alljährlich im Dezember, ein Fackelumzug durch die Genfer Altstadt anlässlich der Fête de l’Escalade.
Die Mitglieder von KP trafen sich regelmässig zum Kampfsporttraining auf der Sportanlage Centre sportif du Bout-du-Monde. Hierbei traten sie unter dem Label «Samourai de Kalvingrad – KP Crew» auf. Unter demselben Banner führte KP drei Mal die Kampfsportveranstaltung «Cabochard Contest» mit einem nationalen und internationalen Teilnehmer*innenfeld in Genf durch.
Die Exponent*innen von KP bewegten sich auch im Umfeld der Fankurve des Genève-Servette Hockey Club. Dies ist nicht verwunderlich, da die Gutierrez-Brüder beide selbst als Junioren bei der U20 des Genève-Servette Hockey Club spielten.
KP war national und international bestens vernetzt. Neben guten Kontakten im Inland zur Resistance Helvetique (RH) bestand gerade mit den französischen Kamerad*innen unweit der Schweizer Grenze ein reger Austausch. Regelmässige Besuche zementierten die gute Freundschaft zur Gruppierung Edelweiss Pays de Savoie aus Chambéry F. Ausserdem kam es auch zu Besuchen bei der nationalistischen serbischen Gruppe Kormilo in Belgrad, bei der rechtsnationalen bulgarischen Partei VMRO in Sofia (zusammen mit Personen der RH) oder bei Casa Pound in Italien. Gute Kontakte pflegte KP auch zu Lyon Populaire, zum Clan la Montagne aus Chambéry und den Tolosates aus Toulouse.
Kameradschaft Heimattreu KHT
Aus: ANTIFAREVUE #2, 2021, Bern
Seit rund 30 Jahren treibt die Avalon-Gemeinschaft in der Schweiz ihr UDie Mitglieder der Kameradschaft Heimattreu (KHT) stammen vorwiegend aus der Ausserschwyz und dem St. Galler Linthtal. Gegründet im Jahr 2012, fiel die KHT zu Beginn hauptsächlich durch Facebook-Aktivismus und offene Verherrlichung des Nationalsozialismus auf – Hakenkreuze und Hitlergrüsse zierten ihre Posts. Bald folgten auch gewalttätige Angriffe auf Andersdenkende und Ausländer*innen. Den vorläufigen Höhepunkt bildete im Januar 2014 ein Angriff an der Fasnacht in Schübelbach SZ, bei welchem eine Person lebensgefährlich verletzt wurde. Als Haupttäter wurde KHT-Mitglied Roger Nauer wegen dieser und anderer Taten zu 30 Monaten Gefängnis verurteilt, sechs Monate davon unbedingt.
Schon früh fand die KHT Anschluss in der organisierten rechtsradikalen Szene, konkret beim Schweizer Ableger des militanten Neonazi-Netzwerks Blood&Honour/Combat 18 (B&H/C18). Joel Zweifel und Peter Giger, beide Mitglieder der ersten Stunde in der KHT, posierten bald mit B&H/ C18-Support-Abzeichen auf ihrer Kleidung. Die KHT-Mitglieder nahmen aktiv an verschiedensten Anlässen der Schweizer B&H /C18-Strukturen teil und intensivierten ihre Kontakte zum Netzwerk.
So organisierte die KHT am Rande des von B & H /C18 Zürich durchgeführten Konzertes «Rock fürs Vaterland» im August 2015 für ausgewählte Freund*innen und ausländische C18-Mitglieder eine Stadtführung in Zürich und ein Survivaltraining inklusive Übungen an der Waffe. Schiesstrainings sind keine Seltenheit im militanten Neonazi-Netzwerk. Auch Roger Nauer nahm 2016 an einem von Vor- arlberger B&H /C18-Strukturen organisierten Schiesstraining in Feldkirch AT teil.
Spätestens seit dem «Rocktoberfest» 2016 tritt die Kameradschaft Heimattreu offiziell als autorisierte Unterstützergruppe von B&H/C18 auf. Entsprechend änderten sie ihr Logo ab und ergänzten es mit dem Slogan «Official Support 28» (28 steht für die Buchstaben B und H). Die KHT wurde so nach und nach in die Strukturen von B&H/C18 eingegliedert.
Anlässlich der Sempacher Schlachtfeier 2018 hielt Simon Inderbitzin eine Rede.
Ende November 2018 marschierten in Basel an der Platzkundgebung der PNOS die KHT-Mitglieder Timo Germann und Andy Schnellmann Seite an Seite mit dem B&H-Zürich-Member Marc Seiler auf. Die KHT zeichnete an der Demo für den Sicherheitsdienst verantwortlich.
Ein Videoclip, den die KHT im Nachgang zu einer antirassistischen Demo im April 2019 in Schwyz in den Sozialen Medien veröffentlichte, verdeutlicht das Bekenntnis zu Militanz und Gewalt gegenüber Andersdenkenden: Das Video zeigt, wie vermummte Neonazis in B&H/C18- Pullovern, den Arm zum Hitlergruss gestreckt, ein vor Beginn der Demo entwendetes Transparent verbrennen.
Nationale Aktionsfront NAF
Aus: ANTIFAREVUE #2, 2021, Bern
Die Nationale Aktionsfront (NAF) wurde 2014 als Dachorganisation zur Vereinigung und Vernetzung der damals untereinander zerstrittenen Schwei- zer Kameradschaftsszene gegründet. Als Vernetzungsplattform trat sie zu Beginn kaum in der Öffentlichkeit auf. Ab 2016 nahmen Auftritte unter dem Label NAF zu: So zum Beispiel als Teilnehmende am Aufmarsch in Sempach LU, wo ein Aktivist der NAF eine Rede beim Winkelried-Denkmal gehalten haben soll, wie auch am Fackelmarsch in Morgarten 2016.
Ideologisch lehnte sich die KMS stark den Schweizer Hammerskins (SHS) an. Bereits der Hochdorf-Überfall wurde durch die beiden
Wie bereits 2018 organisierte die NAF den Gedenkmarsch zum Schlachtfeld von Sempach im Juli 2020 mit etwa 30 Teilnehmenden selber. Nebst dem eifrigen Mitmarschieren und dem Verfassen von Berichten und Flugblättern machte die NAF sonst eher mit kleineren Aktionen wie dem Aufhängen fremdenfeindlicher Plakate gegen eine geplante Asylunterkunft 2016 in Brig-Glis VS im März 2016 von sich reden.
Auf ihrer Webseite, die auf das Aargauer Blood & Honour-Mitglied Marc Seiler registriert ist, veröffentlicht die NAF sporadisch Berichte zum aktuellen Geschehen. Auf Social Media sind sie etwas aktiver:
Regelmässig posten sie dort Buchempfehlungen, Analysen und kurze Texte. Ein weiterer bekannter und aktiver Akteur der NAF ist der Schwyzer Simon Inderbitzin, welcher sich bei B&H im Aufnahmeverfahren befindet.
Am 30. November 2019 organisierte die NAF in einer Berghütte in Galgenen SZ eine grössere Veranstaltung unter dem Titel «Völkisches Forum». Vor knapp hundert Gästen traten Adrian Segessenmann, der als «Volkslehrer» bekannte deutsche Holocaustleugner Nikolai Nerling und der deutsche Neonazi Frank Krämer auf. Letzterer referierte zu «Authentisches Leben als Nationalist». Im November 2020 startete die NAF die Gruppe Junge Tat, welche mit einem für die Schweizer Szene neuen, hochwertig produzierten Promo-Video in modernem, nur so von Ästhetik strotzendem Stil für Aufsehen sorgte.
Obwohl die NAF öffentlich als Gruppierung mit eigenem Logo auftritt, will sie sich per Definition nicht als eigenständige Gruppe verstehen, sondern als «Sammelbewegung völkisch-nationaler Gruppierungen in der deutschen bzw. alemannischen Schweiz».
Partei National Orientierter Schweizer PNOS
Aus: ANTIFAREVUE #2, 2021, Bern
Gegründet wurde die Partei Nationalorientierter Schweizer (PNOS) im September 2000 durch die beiden Neonazis Sacha Kunz und Jonas Gysin. Die Ideen der Partei stiessen vorrangig in den Regionen Oberaargau und Emmental auf Zuspruch. Nur vier Jahre später gelang es der Kleinst- partei erstmals, eine Wahl für sich zu gewinnen – Tobias Hirschi wurde in den Langenthaler Stadtrat gewählt.
Nach sieben Jahren war Schluss mit Lokalpolitik, die PNOS zog sich freiwillig aus dem Stadtrat zurück. In den Folgejahren versuchte die PNOS immer wieder, mit Kandidaturen für verschiedenste politische Ämter regional und national Fuss zu fassen, allerdings jeweils ohne Erfolg. Letztmals versuchte die Partei ihr Glück bei den Ständeratswahlen 2019. Anlässlich des Parteitags 2019 entschied die PNOS einen Wechsel der Landesleitung, einhergehend mit einer Neuorien- tierung in der Ausgestaltung ihrer Arbeit. Nach acht Jahren übergab Dominic Lüthard das Präsidium an Florian Gerber, als neue Stellvertretung Gerbers fungiert Yannic Nuoffer, Tamara Klingler ist auch weiterhin um das Sekretariat bemüht. Derzeit verzeichnet die Partei nach eigenen Angaben dreizehn Sektionen (Appenzell, Aargau, Basel, Bern, Glarus, Graubünden, Schaffhausen, Solothurn, St.Gallen, Thurgau, Zürich, Zentralschweiz und Westschweiz). Allerdings dürfte es sich bei Glarus, Graubünden, Schaffhausen, Thurgau und Zentralschweiz um rein repräsentative Sektionen ohne Aktivitäten und Aktivmitglieder handeln. Ausser für Glarus (Florian Gerber) sind für diese Ableger auch keine Sektionsleitungen vermerkt. Dieses Vorgehen ist in der Geschichte der PNOS nicht neu, zeitweise führte die Partei sogenannte Infoportale, welche suggerieren wollten, dass die PNOS in der Region aktiv ist. Die vornehmlich virtuell geführten Infoportale dienten aber in erster Linie dazu, Texte und Statements zu lokalpolitischen Themen zu veröffentlichen und die Partei somit grösser und mächtiger wirken zu lassen, als sie tatsächlich war und ist.
Auch wenn die PNOS in der Schweizer Politlandschaft ein kleiner Fisch ist, so hat sich die rechtsextreme und neonazistische Partei nun doch bereits zwanzig Jahre halten und in ihren Kreisen etablieren können. Trotz ihres demokratischen Anstrichs dient die Partei immer wieder als Auffangbecken für militante Neonazis und scheut auch den Kontakt zu internationalen Netzwerken nicht.
Bezeichnend beispielsweise ist, dass Parteipräsident Florian Gerber im Handelsregister für den Schweizer Sitz der Marke White Rex und somit einem internationalen Netzwerk an Neonazistrukturen verantwortlich zeichnet. Auch der Austausch mit der in Italien beheimateten Casa Pound wird rege gepflegt. 2019 lud die Parteileitung – zum wiederholten Mal – den verurteilten deutschen Holocaustleugner Henry Hafenmayer ein. Diese Aufzählung soll als Beispiel dienen und stellt keine abschlies- sende Auflistung der internationalen Beziehungen der Partei dar.
NEONAZISTISCHE THEMENWELTEN UND UNTERGANGSSTIMMUNG Politisch befasst sich die PNOS nicht nur mit den traditionell rechten Themen, in Sachen Umwelt-, Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik gibt sich die Partei vordergründig sozial. Es braucht schon einen genauen Blick, die wahren Absichten hinter den Formulierungen zu erkennen und zu sehen, dass die Partei auch in diesen Belangen nur auf den Erhalt und die Stärkung des «eigenen» Volkes abzielt. Sowieso ist die PNOS in ihren klassischen Themenfeldern leichter zu durchschauen. So nennt sie denn auch die Überbevölkerung, die Masseneinwanderung und die «Durchmischung» der Völker als ihre Kernthemen. So befasste sich einer der wenigen öffent- lichen Auftritte der letzten Jahre im November 2018 mit dem sogenannten Migrationspakt – hierzu rief sie zu einer Kundgebung in Basel auf.
Neben der klassischen Schiene, welche sich mit dem Verhindern von Einwanderung, respektive Einbürgerung, der Niederlassung Fahren- der oder Migrationspolitik im Allgemeinen befasst, versucht die PNOS – quasi präventiv – «ihr Volk» auf den Ist-Zustand einzustimmen und für die Selbstverteidigung zu rüsten. So gehören zum Repertoire der Parteian- lässe auch Selbstverteidigungsseminare, das Bepacken eines Fluchtrucksacks und die Vorbereitung auf einen Belagerungszustand. Ausserdem sollen die Mitglieder in Schulungen auf öffentliche Auftritte vorbereitet und mit Vorträgen zu historischen Themen für allfällige Fragen gewappnet werden. Hier dürfte der Partei wohl der österreichische Ableger der Identitären Bewegung als Vorbild dienen, welche genau diese Praxis sehr erfolgreich anwendet und mit dem ebenfalls ein Austausch stattfindet.
TRADITIONELL WIEDERKEHRENDE ANLÄSSE Auch das Konzept der Stammtische dürfte sich die PNOS von der Identitären Bewegung kopiert haben. Diese finden regelmässig regional organisiert statt und sollen Sympathisant*innen einen ersten Anlaufpunkt bieten. Dabei soll vermittelt werden, dass sich die Partei den Sorgen und Nöten der Be- völkerung auf einer sehr persönlichen Ebene annimmt. Natürlich dienen die Stammtische auch der Mitgliederwerbung.
Zum Jahresprogramm der PNOS gehört auch der «Buure-Zmorge», wel- cher jeweils am Nationalfeiertag durchgeführt wird. Nach der Einführung personalisierter Tickets für die offizielle Feier auf dem Rütli begeht die PNOS den Nationalfeiertag lieber mit einem «traditionellen» Frühstück, um dann am darauffolgenden Wochenende mit einer Handvoll Gesinnungsgenoss*innen doch noch den Weg auf das Rütli zu finden. An die personellen Erfolge der frühen Nullerjahre konnte die Partei jedoch nie mehr anknüpfen. Auch die über viele Jahre hinweg gut besuchte Schlachtfeier von Sempach ist für die Partei mittlerweile kaum mehr der Rede wert. Nach dem Ausschluss von Neonazis vom offiziellen Gedenkmarsch versuchte zuerst die PNOS und danach die Nationale Aktionsfront (NAF), zu eigenen Gedenkfeiern aufzurufen. Diese werden zwar noch immer durchgeführt, allerdings auch hier mit immer geringeren Teilnehmer*innenzahlen. Seit einigen Jahren versucht die Partei, auch am 1. Mai zu glänzen, doch auch hier scheint sie noch nicht die geeignete Aktionsform gefunden zu haben.
Parti Nationaliste Suisse PNS
Aus: ANTIFAREVUE #2, 2021, Bern
Seit 2011 versuchte sich die Kleinstpartei Parti Nationaliste Suisse (PNS) in der Westschweiz zu etablieren. Die Partei, die sich als «Schwesterpartei» der PNOS definierte, wurde seit ihrer Entstehung von Philippe Brennenstuhl geführt. Anfang September 2020 gab Brennenstuhl die Stilllegung der Aktivitäten der PNS bekannt.nbedingt.
Während die PNS von 2013 bis 2015 einen Aufschwung erlebte, verliessen viele jüngere Mitglieder wegen Streitereien über die Ausrichtung die Partei und gründeten die Gruppe Résistance Helvetique. Der 64-jährige Philippe Brennenstuhl war die zentrale Persönlichkeit innerhalb der PNS. Er war Gründer, Führerfigur und ideologische Richtschnur der Kleinstpartei. Im Pamphlet «Contre Rapport Bergier» relativierte er zusammen mit Gesinnungsgenoss*innen den Holocaust, dafür wurde er zu drei Monate Gefängnis verurteilt.
Die PNS stellte seit ihrer Gründung eine Liste für die Nationalratswahlen im Kanton Waadt. 2011 kandidierte einzig Brennenstuhl auf der Liste. Bei den letzten Wahlen 2019 kandidierten elf Personen auf der Liste der Partei. Ideologisch versuchte die PNS von der grünen Welle zu profitieren, scheiterte dabei jedoch kläglich. Noch 2009 bezeichnete die Partei die Klimakatastrophe als «neue totalitäre und sektenartige Ideologie», 2020 verknüpfte sie eine rassistische Migrations- und Klimapolitik.
Die Kontakte der PNS ins rechte Milieu sind seit der Abspaltung der Résistance Helvetique weggebrochen. Die PNS besuchte noch regelmässig Veranstaltungen der PNOS und nahm mehrmals in Polen an rechtsextremen Demonstrationen teil. Trotzdem schien der Kontrollzwang und die elitäre Haltung von Brennenstuhl eine weitergehende Vernetzung zu hemmen.
Die PNS war zuletzt vor allem auf Facebook aktiv, wo sie Zeitungsartikel mit «Jüdisch-Bolschevistischen» Verschwörungen kommentierte. Eigene Inhalte wurden seit längerem nicht mehr publiziert und öffentliche Auftritte sind sehr selten geworden. Die PNS hat es aber trotzdem geschafft, junge Leute ideologisch auszubilden und zu vernetzen.
Résistance Helvétique
Aus: ANTIFAREVUE #2, 2021, Bern
Eine der aktivsten und sehr öffentlich agierenden Gruppen der rechten Szene in der welschen Schweiz ist die Résistance Helvétique (RH). Die Gruppierung wurde 2014 unter dem Namen Renaissance Helvétique im Kanton Wallis gegründet. Seit 2015 ist sie als Verein organisiert und unter dem Namen Résistance Helvétique in der Romandie aktiv.
Gegliedert ist die Gruppe in drei Sektionen: Wallis, Waadt und Genf. Die Gruppierung, deren 33-Punkte-Programm sich unter anderem auf die Schriften des rechtsextremen Freiburger Intellektuellen Gonzague de Reynold (1880 –1970) stützt, ist äusserst umtriebig sowie national und international gut vernetzt. Sie bezeichnet sich selbst als metapolitische Bewegung, welche – übersetztes Zitat – «ins Leben gerufen wurde, um Menschen zusammenzubringen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, friedlich zusammenzuarbeiten, die althergebrachten Werte der Schweiz zu bewahren und ihre ursprünglichen Menschen zu schützen».
Die Aktivitäten reichen von regionalen Kundgebungen über Informationsveranstaltungen bis hin zu Konferenzen mit einem internationalen Publikum. So organisierte die RH beispielsweise im März 2018 eine Konferenz mit dem Titel «L’Europe nationaliste» in Genf. Als Mediensprecher der RH fungiert David Rouiller, ehemaliger Vorstand der Parti Nationaliste Suisse (PNS).
Die RH betreibt gemäss ihren eigenen Angaben zwei Lokale in der Romandie. Allerdings handelt es sich bei einem der beiden Lokale nicht um ihr eigenes, sondern um den Szenetreffpunkt «Hôtel-de-Ville» in Genf. Das zweite Lokal hingegen, welches unter dem Namen «l’Aquila» im Mai 2018 in Aigle eröffnet wurde, dient als Sammelpunkt für Rechtsextreme jeglicher Couleur. Die RH führte hier Infoveranstaltungen mit Redner*innen aus dem In- und Ausland, kleinere Konferenzen oder auch mal einen Pizzaabend durch. Das Lokal wurde im Oktober 2020 von der RH geschlosen.
INTERNATIONALE VERNETZUNG Neben nationalen Kontakten zur PNOS und PNS, den welschen Hammerskins und lokalen Gruppen wie Kalvingrad Patriote ist die Résistance Helvétique auch international bestens vernetzt. So werden gute Kontakte zu rechtsextremen und nationalistischen Gruppen und Parteien wie Casa Pound IT oder der Civitas F gepflegt. Als Bindeglied zu letzterer fungiert die bekannte Genfer Neonazi-Aktivistin Vanessa Inzaghi. Regelmässig werden gegenseitige Besuche organisiert – und der Aufbau einer neurechten (Jugend-)Kultur angestrebt.
Schweizer Hammerskins SHS
Aus: ANTIFAREVUE #2, 2021, Bern
Die in den USA gegründete, autoritär und hierarchisch aufgebaute «Bruderschaft» versteht sich als Elite des «arischen Widerstandes». Zutritt zur «Hammerskin Nation» (HSN) erhält nur, wer ein mehrjähriges Aufnahme- verfahren durchläuft: Neuanwärter*innen müssen sich zuerst als «Hang around» und später als «Prospect of the Nation» (POTN) die Sporen abver- dienen, bevor sie zu Vollmitgliedern werden können.
Anfang der 1990er Jahre gründeten Carlo «Gary» Albisser und Patrick Iten mit den Schweizer Hammerskins (SHS) den ersten Ableger (Chapter) des rechtsextremen Netzwerks in Europa. Weitere Chapter folgten bald, mittlerweile sind die Hammerskins (HS) in praktisch allen Staaten Europas aktiv.
HOHER VERNETZUNGSGRAD, INTERNATIONALE FESTE Die einzelnen HS-Chapter sind untereinander bestens vernetzt. Regelmässig finden europaweite Treffen statt, an denen sich Delegierte aller Chapter zusammenfinden. An internationale Veranstaltungen und Konzerte wer- den in der Regel Abgeordnete gesandt.
Alljährlicher Höhepunkt bildet das jeweils von einem der Chapter organisierte «Hammerfest», ein Rechtsrock-Konzert, zu welchem Neonazis aus ganz Europa und Übersee anreisen. 2002 fand das erste Hammerfest in Europa mit rund 1200 Besucher*innen in Affoltern am Albis ZH statt. Aufsehen erregte auch das Hammerfest im Jahre 2012, welches ursprünglich in der Schweiz angekündigt war, nach mehreren Verlegungen jedoch im französischen Toul stattfand. Auch an der Organisation des «Rocktoberfests» war die SHS beteiligt.
SCHWEIZER HAMMERSKINS Die Schweizer Hammerskins machten früh mit gewalttätigem Auftreten auf sich aufmerksam. Nach Steinwürfen gegen Linke an der «Blocherdemo» 1995 griffen einige Monate später rund 50 vermummte und bewaffnete Neonazis, mehrheitlich Hammerskins, ein antifaschistisches Festival in Hochdorf LU an. Der Vorfall führte zu einer Vielzahl von Verhaftungen und Verurteilungen. Trotzdem bleiben einige Mitglieder wie beispielsweise Reto Wäckerlig der HSN bis heute treu.
LOKALE HOTSPOTS Allerdings gehören nicht nur alte Herren der Vereinigung an. Zum einen sind in der Westschweiz rund um den Freiburger Gaël Renevey, zum andern im Berner Oberland um die ehemalige PNOS-Führungsriege Mario Friso, Marco Gaggioli und Dominik Hulliger, lokale Hotspots mit jüngeren HS-Mitgliedern entstanden. Die Verbandelung mit der PNOS zieht sich bis in die Gegenwart: Auch der heutige PNOS-Präsident Florian Gerber ist seit mehreren Jahren aktives Mitglied der HS.
CREW38 – SUPPORT FÜR HAMMERSKINS
Die Crew 38 (C38) stellt das offizielle Support-Netzwerk der Hammerskins dar. Die 38 steht dabei als Zahlencode für «Crossed Hammers». In der C38 können sich Sympathi- sant*innen der Hammerskins engagieren, bevor sie als «Hang around» den definitiven Aufnahmeprozess beginnen. Meist gehört tatkräftige Unterstützung, zum Beispiel bei der Durchführung von Konzerten und anderen Anlässen, zum Programm der C38. Das Postfach der C38 befindet sich seit Jahrzehnten in Sempach LU und wurde zumindest früher vom Hammerskin-Urgestein Thomas Wermelinger betreut. Regionale Chapter der C38 finden sich momentan in der Zentralschweiz, der Ostschweiz und in der Romandie. Die Sektion Ostschweiz organisierte unter anderem am 18. Februar 2012 ein Balladenkonzert mit der Rechtsrock-Band Act of Violence in der Nähe von Sargans SG. Die C38 Romandie war zuletzt für das Neonazi-Konzert in Villarimboud FR mit den Bands Leggitima Offesa (IT), Lemovice (F) und Blindfolded (NL) verantwortlich. In jüngster Zeit scheint die C38 zudem auch im Tessin aktiv zu werden.